Lose Urlaubsgedanken 2024

Ich war einige Tage wandern, von Bayerisch-Schwaben nach Südmittelfranken. Hier ein paar lose Gedanken, damit sie nicht verloren gehen.

Heimatzeitung und Volksesoterik

Sagt jemandem die „Altbayerische Heimatpost“ etwas? Mir bislang auch nicht. Aber wenn man Urlaub hat, kann man so etwas ja mal kaufen. In der Ausgabe der entsprechenden Woche gab es sogar einen nett zu lesenden Artikel über das erste Nürnberger Theater — auf der Insel Schütt und gegründet in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges, was für entsprechenden Aufruhr sorgte. Anderes im Heft war sentimentale Heimatduselei, etwa ein Romanauszug aus dem Rosenheimer Verlagshaus. Brrr.

Was mir aber bei meiner Spurensuche nach Volksspiritualität half: Anstelle eines Horoskops gab es hier eine Seite über die Mondphasen der anstehenden Woche. (Die wurden aber wiederum in Korrespondenz mit Planeten und Sternbildern gesetzt, also ging es doch irgendwie auch um Astrologie.) Jedenfalls: Mit dem Mond lässt sich, auch im entsprechenden Eso-Regal der kleinstädtischen Buchhandlungen, etwas anfangen.

Gänzlich tot scheint alles rund um Tarot. Rupprecht und kleinere Buchhandlungen führen eher „Orakelkarten“ oder „Schutzengel-Kärtchen“.

Apropos Rupprecht, hier fand ich dann doch noch etwas zum Tarot:

Warum genau diese Auswahl auf Kniehöhe hängt, müsste man die entsprechenden Buchhändler(innen) fragen.

Abgesehen davon findet sich in den ländlichen Regionen vor allem Marienverehrung (allerdings nur bis zur mittelfränkischen Grenze). Beeindruckend: In Maria Brünnlein (bei Wemding) hört man im gesamten Kirchenschiff das Plätschern besagten Brünnleins, das sich hinter einer Marienstatue verbirgt.

Passend dazu kann man vor Ort Wasserfläschchen zum Abfüllen erwerben, und natürlich diverse Devotionalien. Ansonsten ist es hier (und das habe ich auch anderswo gesehen) Brauch, der Kirche Dankbilder zu stiften, wenn die Muttergottes Nothilfe geleistet und jemanden geheilt hat.

Ich bin mir noch nicht ganz sicher, wie christlich ich das finde. Diese Brunnen- und damit Wasser-Verehrung hatte für mich einen eher heidnischen Touch; der Heiligen-Polytheismus ja sowieso. Und nun zu Profanerem.

Sonstige Lektüren

Außerdem kam ich mal wieder dazu, eine komplette ZEIT zu lesen. Mannmannmann ist das jedes Mal viel Content. Aber dadurch trägt die ZEIT zur Urlaubsstimmung bei: Wann sonst hat man Zeit dafür …?

Auf der Heimreise erstand ich in Weißenburg noch ein Bändchen über Medienethik, KI und Gefühle; vielleicht steckt da ja noch eine Erweiterung (m)eines Dissertationsthemas drin.

Pappenheim und Schwurbeleien

Ein Abenspaziergang durch Pappenheim brachte Verwunderliches zu Tage. Nahe der Tourist-Info findet sich ein Cafe mit relativ eindeutigen Sinnsprüchen, mit Kreide auf die Scheiben geschrieben:

Man kann das Wortspiel „Ent-nancy-fizierung“ würdigen und Magazinverbote doof finden, aber im Zusammenspiel mit dem Rest scheint hier weniger eine Politikkritik als ein (unreflektiertes?) Bekenntnis zu einer Querdenker-Subkultur zu bestehen. Anderes ist dann ganz doof:

Ich meine, wer bekämpft denn Menschen, um Platz für Autos zu schaffen …? Das sind eher nicht die Grünen. (Naja, Winfried Kretschmann, okay.) Die NATO-EZB-Liste ist ein alter Hut. Aber das Tetris-Bild lässt sich ja auch andersrum lesen. Hier steht:

Tetris hat uns gelehrt, daß [sic] wir verschwinden, wenn wir versuchen, irgendwo reinzupassen.

Wird nicht eher ein Schuh draus, wenn man sagt: „Tetris hat uns gelehrt, dass ziemlich schnell Game Over ist, wenn nichts irgendwo reinpasst“?

Barock und der Fuß aus dem Stuck

In der Kirche in Otting fand sich dieses Decken-Stuck-Relief mit Gemälde:

Korrekt. Da schauen Füße raus. Das kam mir nicht ganz unbekannt, wenn auch bemerkenswert vor. Die Wikipedia weiß denn auch:

Ein typisches Kennzeichen des Barock ist die Tendenz zum Gesamtkunstwerk. Was in dieser Epoche gebaut oder künstlerisch geschaffen wurde, sollte einen gemeinsamen Zug haben und harmonische Ensembles bilden. Das ist besonders gut in noch bestehenden barocken Kirchen zu erkennen, in denen Architektur, Plastik und Malerei nicht nur miteinander harmonieren, sondern sogar ineinander übergehen – so kann ein Putto, eine Wolke oder ein Vorhang am Rand eines Gemäldes in Form von Stuck plötzlich plastische Gestalt annehmen. Oder es streben Säulen einem Deckengemälde zu und verwandeln sich dort zu Scheinarchitektur.

Ob man den Fuß aus dem Deckenbild nun als „harmonisches Gesamtkunstwerk“ oder unfreiwillige Komik erlebt, sei dahingestellt.

Fun fact: Ich finde, dieses Gotteslamm guckt hämisch, verschlagen und selbstzufrieden. Okay, den Tod zu besiegen und die Menschheit von der Erbsünde zu erlösen ist ne coole Nummer, aber sollte das Agnus Dei nicht trotzdem ein bisschen bescheiden und freundlich bleiben …?

Versorgungslage

Leider war es auf den meisten Dörfern nicht möglich, irgend etwas zu erstehen. Eine positive Ausnahme: In Langenaltheim fand sich nicht nur ein Bäcker (der leider eine lange Mittagspause macht), sondern sogar ein kleiner Getränkemarkt. Man muss an der Haustür klingeln, aber dann bekommt man sogar gekühltes alkoholfreies Bier in Einzelflaschen. So muss das!

Deutschlandticket

So langsam muss ich mich darum kümmern, dass ich ab Oktober wieder ein VAG-DT (also eine Plastikkarte) habe. Zum Glück ist dann der Quatsch mit der Mein-Jena-App vorbei. Auf der Rückfahrt etwa wollte der Ticket-QR-Code einfach nicht laden. Ich hätte es ja auf ein Knöllchen und den nachfolgenden Streit angelegt, aber die Zugbegleiterin war offenbar an technische Schwächen gewöhnt und ließ mich einfach so weiter mitfahren.

Kärwabaum-Nachtrag

Neulich gab’s ja was zu Kärwabäumen und deren Aufstellung. Einfacher macht man es sich in andern Dörfern mit beeindruckenden Bäumen wie dem hier:

Denn da gibt es offenbar am Baumständer ein Scharnier, sodass man ihn statt mit Muskelkraft auch gefahrlos mit Maschinen aufstellen kann:

Ein Hersteller dazu (und in bezug auf Maibäume):

Das Aufstellen kann mit Schwalben, Kran oder Traktor erfolgen. Dabei kann sich der Maibaum nur entlang von einer Achse bewegen – ein Kippen zur Seite ist nicht möglich. Bei 90° verhindert ein Anschlag das Überkippen nach vorne und der Maibaumständer wird durch Bolzen gesichert. Der Maibaum steht dann kerzengerade im Ständer.

5 Gedanken zu „Lose Urlaubsgedanken 2024“

  1. Das mit dem Maibaum ist interessant. Aber wahrscheinlich wollen sich viele Kärwaburschen die Qualen nicht ersparen, um so besser schmeckt nachher das Bier.

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