Dachboden-Funde

Bei der Entrümpelung der Wohnung meiner im Mai verstorbenen Großmutter (Charlotte Eleonore Schmolk, geborene Löbe, 1927-2020) fanden sich so einige spannende Sachen. Kein Wunder bei neun Jahrzehnten Lebensspanne. Über einige Fundstücke ließ sich noch mehr herausfinden – und damit diese Erkenntnisse nicht verloren gehen, dokumentiere ich sie hier. Der Artikel wird bei Bedarf, Lust und Laune erweitert.

Falls jemandem weitere Details bekannt sein sollten, freue ich mich über einen Kommentar oder eine Mail!

Trinkgläser „bsb decorbild verlag gmbh“

Diese vier Trinkbecher aus Glas wurden meinen Recherchen zu Folge als Werbegläser produziert. Sie tragen die Inschrift „bsb decorbild-verlag GmbH joachim toepffer Bielefeld“. Besagte GmbH existiert heute als bsb-opbacher GmbH weiter und antwortete auf meine Anfrage:

Diese Gläser wurden von einer der bsb Gesellschaften (Franz Barta GmbH aus Wien) als Werbegläser produziert. Jedes Jahr wurden neue Motive ausgewählt und in die Gläser „eingebrannt“. Zu Weihnachten wurden sie dann an die Gesellschafter verschenkt.

Dort endet die Spur, vom Druckdienstleister Franz Barta erhielt ich leider nur die Auskunft:

Leider muss ich Sie enttäuschen, diese Glasserie wurde von uns nur für kurze Zeit produziert und ist seit vielen Jahren nicht mehr in unserem Programm.

Eine mögliche Verbindung: Meine Großmutter betrieb von Mitte der 60er bis Ende der 80er Jahre Ein Schreibwarengeschäft (CWS – Charlotte Werner Schmolk) in der Fürther Südstadt. Vielleicht führte der Laden auch Dekorbilder der bsb und sie bekamen die Trinkgläser als Weihnachtspräsent.

Joachim Toepffer war wohl bis 1995 (Quelle) geschäftsführender Gesellschafter der bsb decorbild.

Update 22.10.20: Mein Vater bestätigt: „Die bsb Trinkgläser waren Werbegeschenke der Firma wahrscheinlich in den 1970ern.“

Markill Brauerei-Trinkbecher Flippy / „Prosit“ Harro Kübler

Beginnen wir mit einer bundesdeutschen Unternehmensrecherche. Die Marke Markill gehört zu Vaude. Die Wikipedia weiß:

Die Marken Lucky für Kletterbedarf sowie Markill für Campingkocher wurden im Jahr 2008 in die Marke Edelrid integriert. Markill war ursprünglich eine Marke des Unternehmens Marsteller & Killmann, das 1866 in Thüringen gegründet wurde und seit 1907 in Kettwig ansässig war. Marsteller & Killmann stellte Kocher, Kochgeschirr, Proviantbehälter und Trinkflaschen aus Aluminium her.

Damit klärt sich auch die Materialfrage – Aluminium.

Vertreten sind 6 Brauereien: Astra (Exclusiv), Löwenbräu München, Pschorr Bräu München, Berliner Kindl, Dortmunder Thier-Bräu und Bitburger (Pils). Bei der zeitlichen Einordnung helfen uns vor allem die Brauereien, die wir heute unter anderem Namen, mit anderem Logo oder gar nicht mehr kennen. Beginnen wir bei „Pschorr Bräu“, das ich z.B. nur als Hacker-Pschorr kenne. Wikipedia:

1820 erwirbt Joseph Pschorr die „Brauerei zum Bauernhansl“ sowie weitere Häuser in der Neuhauserstraße und errichtet dort die „Brauerei zum Pschorr“. Nach dem Tod Pschorrs fiel das Erbe an die Söhne Georg (Brauerei zum Pschorr) und Matthias (Hacker-Brauerei, „zum Hacker“). Sie und ihre Nachkommen bauten beide Brauereien weiter aus […]. Erst 1972 verschmolzen die Brauereien Hacker und Pschorr wieder zur Hacker-Pschorr Bräu AG […]

Die Becher sind also auf jeden Fall älter als 1972.

Das Astra-Logo hilft uns leider nicht weiter, da ich nirgends gute Quellen für alte Logos finde. Zwei Löwen halten ein Fass mit den Buchstaben „BB“. Die Wikipedia weiß dazu: „2000 [wurde] das alte Logo mit zwei Löwen und einem Fass durch ein Logo mit Herz und Anker ersetzt.“ Astra wurde zunächst (unter dem Namen Astra ab 1909) von einer Bavaria-Brauerei in Altona gebraut, die 1922 in der Bavaria-St. Pauli-Brauerei aufging. Meine Vermutung ist, dass es sich bei „BB“ um eine die „Brau und Brunnen AG“ handelt, kann leider nicht stimmen – diese existiert laut Wikipedia wohl erst seit 1972.

Die Gravur „Prosit Harro Kübler“ ergab auf den ersten Blick nichts Verwertbares, aber auf den zweiten: Google findet für „Harro Kübler“ genau zwei Treffer aus alten Branchen- bzw. Vertreterbüchern in Nürnberg. Bei Harro Kübler handelte es sich offenbar um einen Harro Kuebler Handelsvertretungen in der Cimbernstrasse 6, D8500 Nuernberg, Germany. Einer der Einträge listet ihn als Lieferanten für „Office supplies, stationary & other paper products“ – hier könnte es sich also um einen Zulieferer des schon erwähnten Schreibwarengeschäfts gehandelt haben. Ob die Becher Werbegeschenke von ihm oder an ihn waren, vermag ich nicht zu sagen.

Der auf jedem Becher zu findende Schriftzug „Flippy“ liefert übrigens leider keine Spur.

Update 22.10.20: Mein Vater bestätigt: „[Die] Trinkbecher [waren wahrscheinlich in den 1970ern Werbegeschenke der Firma] von Harro Kübler, der als Großhändler [das Schreibwarengeschäft] CWS beliefert hat.“ 

Jede Menge Porzellan von KPM Berlin

Irgendwann in der Nachkriegszeit gab es einen verwandtschaftlichen Kontakt zu einem Mitarbeiter bei KPM Berlin („Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin“) – einer unter Porzellansammlern wohl recht beliebten Marke. Über diesen Kontakt kam auch ein beachtliches Konvolut an Porzellan in die Nürnberger Wohnung; das meiste davon allerdings „2. Wahl“, also Erzeugnisse, die für einen Verkauf als beste Ware wegen kleiner Fehler nicht in Frage kommen. Den Sekundärmarkt z.B. auf eBay scheint das übrigens nicht zu stören, hier gehen auch Stücke zweiter Wahl ganz gut.

Porzellan und Stempel

Wenn man sich zum ersten Mal mit Porzellan beschäftigt, stellt man schnell fest, dass sich vieles um den Stempel dreht: Anhand der Markierung mit dem Manufaktur-Signet kann man bspw. den Produktionszeitraum eingrenzen. Außerdem geben ein oder mehrere „Schleifstriche“ (also Ritzer) im Stempel an, dass es sich um Zweite (oder Dritte oder …) Wahl handelt.

Wer Porzellan von KPM findet, kann sich über den Stempel ein paar erste Infos holen. Die KPM-Website listet nicht nur die verschiedenen Zeptermarken im Wandel der Zeit auf, sondern auch die verschiedenfarbigen Malereimarken und ihre Bedeutung.

Laborporzellan

Ein KPM-Stück kenne ich bereits seit meiner Kindheit, denn es diente in der Küche meiner Großmutter immer als Abwiegegefäß.

Eigentlich handelt es sich wohl um eine Abdampfschale. Eine Werbeanzeige aus den 60ern zeigt sie (s. Website):

KPM Berlin LAB Laborporzellan Screenshot

KPM fertigte offenbar bereits im 19. Jahrhundert diverse Utensilien für Chemie und Pharmazie; eine Serie für den Haushalt wurde erst im 20. Jahrhundert daraus. Ob diese Abdampfschale einen pharmazeutischen Bezug hatte – meine Großmutter hatte noch im Krieg als Apothekenhelferin gelernt, bevor sie Versicherungen und schließlich Schreibwaren verkaufte -, weiß ich nicht. Wahrscheinlicher ist, dass sie als Haushaltsgegenstand angeschafft wurde.

„Ebonisieren“

KPM Berlin Friedensglocke mit ebonisiertem Holzsockel

Bei der Recherche nach dem Sockel der „Friedensglocke“ stieß ich auf einen interessanten Fachbegriff. Der Sockel besteht aus „ebonisiertem“ Holz, also Holz, das – um sündteures Ebenholz nachzuahmen – geschwärzt wurde.

Die Schwärzung erreichte man, indem man Schellack mit Ruß mischte und dann die zu schwärzenden Elemente mit dieser Mixtur polierte. (Quelle: Galerie Balbach)

Warmink Wuba: Tischuhr

Dieses gute Stück stand, solange ich denken kann, in einem kaum genutzten Nebenzimmer. Ich hatte sie bis dato nie „in Aktion“ erlebt – sie tickt relativ laut und gibt zur halben Stunde einen bzw. zur vollen x. Stunde x Glockenschläge von sich. (Ich habe noch nie verstanden, warum Menschen sich tickende oder gar läutende Uhren irgendwohin stellen. Ich verstehe aber auch nach wie vor nicht, wieso Kirchen Krach machen müssen.)

Spannend ist an dieser Tischuhr vor allem, wie schwer es ist, etwas über Hersteller und Fabrikat herauszufinden. Sämtliche Google-Ergebnisse sind voll von Verkaufsanzeigen: eBay, picclick, als Wiki oder Forum getarnte Verkaufsseiten etc. Anscheinend möchten unfassbar viele Menschen so eine Uhr loswerden. Dieses Phänomen begegnete mir übrigens noch bei diversen anderen Gegenständen. Verwunderlich fand ich zunächst, dass es zu vielen Firmen und Produzenten kaum ausführliche Infos im Web gibt.

Was ich aus Artikelbeschreibungen z.B. bei „Wandel der Zeit“ herausfinden konnte: Die Firma mit dem „JWA“-Signet hat anscheinend ab 1929 bis spätestens 1970 existiert. Sie wurde von einem John Warmink in Almelo (Niederlande) gegründet. Die Verkäufer sind sich allerdings nicht einige, ob die Firma nun „Wuba“ oder „Warmink“ hieß. Hiervon ausgehend stieß ich dann auf warminkklokken.nl, eine leider eher knappe Website, die aber den dortigen Fotos zu Folge immerhin mit dem Hersteller meiner Uhr zusammenhängt. Aus der Google-Übersetzung des niederländischen Texts:

Warmink klokken war eine große Uhren- und Barometerfabrik in Almelo im Osten des Landes.  […] Das Unternehmen konzentrierte sich auf die Herstellung von Wanduhren, Tischuhren (Englisch), Standuhren und Barometern und produzierte Uhren und Wuba-Uhren unter den Markennamen Warmink.

Auf dem Höhepunkt in den 1970er Jahren beschäftigte das Unternehmen 270 Mitarbeiter mit Exporten in die ganze Welt, die auf die „Zaanse-Uhren“ spezialisiert waren. Im Jahr 2002 wurde die Fabrik aufgrund ihrer günstigen Lage in der Nähe des Bahnhofs an die Gemeinde verkauft. Im Jahr 2008 schloss das Unternehmen seine Türen.

Auf einer weiteren Website findet sich der Vermerk (ebenfalls google-übersetzt):

Bis 1957 wurden in der Warmink-Fabrik die sogenannten WUBA-Uhren hergestellt. Danach verschwand der Name WUBA und nur der Name Warmink wurde verwendet. Die Fabrik schloss ihre Türen um 1990.

Ob man diesen Quellen nun glauben soll und ob das bedeutet, dass meine Uhr vor 1957 gefertigt wurde, bleibt wohl ungewiss.

Kwai-Puppe eines weinenden Mädchens (Japan)

Noch frustrierender als bei der Warmink-Uhr stellte sich die Recherche nach der „Kwai-Puppe“ mit Herstellungsvermerk Japan heraus. (Vielleicht weint diese Puppe deshalb so schlimm.) Auch für diesen Gegenstand fanden sich nur picclick, etsy, eBay Kleinanzeigen und Co.

Den Artikelbeschreibungen konnte ich entnehmen, dass diese Puppen wohl häufig als Spardosen gestaltet waren. Bei meiner fehlte allerdings jeder Schlitz. Außerdem wurde dieses Gummi-Monstrum häufig als „70er Jahre Vintage“ zu verkaufen versucht, was immerhin eine leichte zeitliche Einordnung erlaubt. Trotzdem bin ich nachhaltig irritiert, dass es keinerlei Informationen über diese offenbar sehr weit verbreiteten Puppen und den dahinterstehenden Hersteller zu geben scheint.

Ludwig Knaus: Bildnis Bernhard Matter (Kopie?)

Bildnis Bernhard Matter von Ludwig Knaus (Kopie?)

Im Keller fand sich eine ca. 35*30cm große Kohlezeichnung (?) eines Pfeifenrauchers, laut Signatur von Ludwig Knaus (1828-1910). Leider ist nicht bekannt, ob es sich um eine Kopie handelt, ein Original oder eine Reproduktion. Das Motiv ist offenbar eine Variation vom „Bildnis Bernhard Matter, Bürgermeister aus Rütte im Schwarzwald“ von 1863 (s. Artnet). Übrigens nicht zu verwechseln mit dem Räuber gleichen Namens.

Das Motiv eines „Schwäbischen Bauerns“ oder „Schwarzwaldbauern“ scheint Ludwig Knaus öfter gezeichnet zu haben – und diese Werke sind wohl sogar populär genug, als Poster aufgelegt zu werden (Quelle: Artflakes).

Jeanette Bothwell: „San Francisco“ (Wasserfarben-Gemälde)

"San Francisco" - Wasserfarben-Gemälde von Jeanette Bothwell

Auch dieses Gemälde gibt einige Rätsel auf. Es zeigt eine Stadtansicht, dem Titel des Bildes zu Folge in San Francisco. Leider  findet sich zur Künstlerin absolut nichts im Web. Die Bildrückseite gibt folgende Infos:

"San Francisco" - Wasserfarben-Gemälde von Jeanette Bothwell

„San Francisco“
Jeanette Bothwell
Canvas Rd. oder Canoas Rd.
San Jose, Calif.

Weder eine Canvas Road noch eine Canoas Road lässt sich auf Maps finden, allerdings gibt es in San Jose einen Stadtteil Canoas Garden. Mir ist auch recht schleierhaft, wann meine Großmutter dieses Bild erworben und mitgebracht haben könnte. Sie war in den 90er Jahren einige Male in den USA – alte Freunde aus der Nachkriegszeit besuchen -, aber ein Bezug zu San Francisco ist mir neu. Vielleicht war Jeanette Bothwell Hobbykünstlerin und eine persönliche Bekannte?

 

3 Gedanken zu „Dachboden-Funde“

    • Hallo, leider nicht. Ich hatte vor 3 Jahren mal ein wenig recherchiert, aber keine Nachfrage gefunden — daher vermute ich, sie haben keinen besonderen ökonomischen Wert.
      Einen guten Rutsch!

      Antworten

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