WS24/W04: Chagall, Apoldas Museumsshop, ein Sprach-Referat und MA-Formalia

Danke, ich habe auch ohne Freud immer gut geschlafen.
(Chagall auf den Vorschlag, den Surrealisten beizutreten)

Ich hatte ja meinen total subjektiven Eindruck schon geschildert, dass der Jenaer Wohnungsmarkt dieses Semester etwas weniger verheerend ist als vor einem Jahr. Wenn man dem Akrützel folgt, gilt das aber nicht. Der Artikel ist ganz interessant. Ein Student sagt darin, dass er 80 Bewerbungen und 36 Besichtigungen hatte; ich hatte damals (!) ja bei über 30 Anfragen genau gar nichts auch nur zur Besichtigung angeboten bekommen. Eine andere Zahl, die mich überraschte: „17 Prozent der Student:innen in Jena haben eine Wohnung beim Thüringer Studierendenwerk.“ Das finde ich schon ziemlich viel, und das ist es auch, die „die höchste Unterbringungsquote aller deutschen Studierendenwerke“.

In Other News: Fritz Mitte macht wohl noch eine Filiale in Jena auf. Das sind dann schon vier, plus eine in Weimar … vielleicht ein bisschen viel? Andererseits war ich nun schon bei allen existenten Filialen, also wird es vielleicht auch Zeit …?

Uni

So ganz ist die Erkältung, die mich in Woche eins ans Bett fesselte, noch nicht weg. Immer wieder ein bisschen Husten. (Bitte keine diffamierenden Verbindungen zum Dampfen ziehen, danke.) Meine Zeitwahrnehmung bzw. die Orientierung in den Wochentagen ist nun auch wieder futsch: Wenn ich wissen will, welcher Tag ist, muss ich darüber nachdenken oder in den Kalender gucken. Das gilt komischerweise sogar an Uni-Tagen: Ich weiß, ich muss um 10 am Campus sein, aber ich kriege die Verbindung zum Wochentag nicht hin. Ein merkwürdiges Phänomen.

Ansonsten geht es gut voran, sogar in gefühlt enorm großen Schritten.

Master-Arbeit

Zum Stand: Mit etwas Glück beim Finden eines Betreuers — ich habe einen Vorschlag bekommen — sollte einer Anmeldung im Dezember nichts im Wege stehen. Ein bisschen stressig wird dadurch die übernächste Woche: Da haben wir schon wieder einen digital-danach.de-Vortrag (in Erlangen), das nächste Bibliotheks-Heft erscheint, es stehen drei familiäre Geburtstage an — und nun darf ich auch noch Donnerstagnachmittag mein MA-Thema im Rahmen eines Kolloquiums vorstellen. Bis dahin sollte ich es auch noch schaffen, ein ca. fünfseitiges Exposee zusammenzubauen (was v.a. deshalb herausfordert, weil ich schon viel zu viel Material habe). Arbeitstitel momentan: „Leib, Sprache, Emotion. Gefühle als symbiotischer Mechanismus der Sprache“. Zum Inhalt demnächst mehr, wenn ich daran sowieso feilen muss.

Input-Referat S&G

Zusammen mit einem Kommilitonen stellte ich den bereits letzte Woche diskutierten Ansatz von Sibylle Krämer vor. Die Diskussion drehte sich vor allem um Verständnisfragen — und um „Einteilungen“ von Sprachtheorien, die wir auch künftig weiter verwenden werden.

Meine Herausforderung: Ich möchte für die obligatorischen Essays in diesem Seminar ein Thema finden, das mir auch für den „Sprache“-Aspekt der MA hilft. Ich fände es aber schon auch schön, wenn jetzt nicht alle Studien- und Prüfungsleistungen als Präliminarien für die MA laufen, ich will ja auch noch meinen Horizont erweitern. Aber ich bin eben ein unverbesserlicher Optimierer …

Für nächste Woche steht ein Text von Manfred Geier über Marx und Vygotsky an. Noch mehr interessiert mich aber der Zusatztext „Vygotsky and the Social Formation of Mind“ von James Wertsch.

Fußball

Hier ging es u.a. um die gesellschaftliche Funktion des Fußballs — leider ohne klares Ergebnis. Deutlich ist: Irgendwie geht es um einen Zusammenhang von Konkurrenz, Kooperation und Kontingenz (also den „Zufällen“ des Balls, des Spielverlaufs etc.). Aber allein schon die Frage, in welchem Verhältnis das steht, ist schwammig: Offenbar zählt „am Ende“ irgendwie das Ergebnis, also geht es um Konkurrenz; und individuelle Spielys konkurrieren um Anerkennung der Fans, Medien, Vereinschefs; aber das geht nur durch Kooperation innerhalb der Mannschaft; und irgendwie muss man ja auch mit der gegnerischen Mannschaft „kooperieren“, was durch Regeln vorgegeben ist; die Kontingenz wird gesteigert und reduziert, vielleicht auch hier und da in „Risiken“ umgewandelt. Aber das betrifft ja immer noch eher die Funktionsweise als die Funktion. Geht es nur um „Gemeinschaftsstiftung“, „Integration“, „Identifikation“? Oder geht es um Unterhaltung, Zeitstrukturierung? Oder um ein gemeinsames Thema zur Fortsetzung von Kommunikation (aka Anschlüsse)? Ich vermute: Das hängt vom Beobachter ab. Insgesamt tue ich mich aber immer wieder recht schwer, den Fallbeispielen zu folgen, denn mir sagen Begriffe wie „Tiki-Taka“ und einzelne Spieler, Spiele und Vereine nicht viel.

Nächste Woche geht es um Fußball als Ritual: Sind Spiele eine Aufführung, die eine einheitliche und widersprüchliche Repräsentation unseres gesellschaftlichen Entwicklungsstandes auf- und vorführt? Oder dienen sie vornehmlich der Überwindung emotionaler und sozialer Schranken dieser Realität? Und macht das alles diese soziale Realität verständlicher, tragbarer, fassbarer — oder einfach nur bunter?

Außerdem nehme ich schon mal Kontakt zu meinem Co-Refy auf, wir sollen am 6.12. einen kleinen Input liefern über „Die Medien des Fußballs und den Fußball der Medien“. Angeblich hat das Thema erklecklichen Luhmann-Bezug.

K&Ü

In K&Ü behandelten wir zwei Grundlagentexte — und zwar in unüberwachter Gruppenarbeit, denn der Dozent musste zum Zug. Wir verbrachten dann eine gute Stunde damit, uns zu überlegen, wie plausibel uns Leon Walras Konzept der Knappheit (Scarcity) erscheint. Scarce ist, was limited und useful ist; useful ist, was „a want“ „satisfyen“ kann; „scarce things“ haben drei Eigenschaften: sie sind a) eigentümsfähig und eigentumswürdig (also man kann und man will sie „besitzen“); b) wertvoll und tauschfähig; c) replizierbar oder reproduzierbar. c) kann sich natürlich auch auf den Zugang zu einem Ding beziehen — die Mona Lisa ist als Kunstwerk nicht reproduzierbar (nur als Kunstdruck), aber der Zugang zu ihr kann ermöglicht werden (aber limited).

Ich werde den Eindruck nicht los, dass da irgendwo ein verkürzender Zirkelschluss drinsteckt. Außerdem fehlt mir, wie eine Sache useful wird, also aus Perspektive welches Bedürfnisses („Want“) dem Ding ein Potenzial der Befriedigung erwächst. Denn weder Menschen noch Gesellschaft spielen in dem Text eine Rolle. Naja.

Nächstes Mal dann: Marcel Mauss!

Apolda

Am Wochenende waren Sabine und ich in Apolda. Da klappen leider Samstags um 12.30 die Bürgersteige hoch. Aber es gibt lustige Litfass-Säulen:

Kunsthaus Apolda: Chagall und ein Museumsshop

Im Kunsthaus — dem eigentlichen Ziel unseres Ausflugs — gab es eine Chagall-Ausstellung. Chagall ist nun nicht so sehr mein Lieblingskünstler, ich fremdle etwas mit dem symbolischen Bouquet aus Blumen, Fischen, Frauen, Vögeln, Hühnchen, Gekreuzigten, Marien. Aber beeindruckend, was der Verein da auf die Beine kriegt.

Highlight aber war der Kauf von fünf Postkarten im Museums-Shop. Ich legte die Karten auf den Tisch und sagte in breitester, mir eigener Freundlichkeit zur schon etwas mürrischen Verkäuferin: „Die fünf Postkarten, bitte.“ Nach einem Moment des Nachgrübelns und Zählens warf sie mir entgegen: „Was, fünf?“ Woraufhin ich präzisierte: „Ich möchte diese fünf Postkarten kaufen.“ Ihr Gegenschlag: „Ja, aber das sind ja verschiedene!“ Mir fiel nur ein, „Ja …“ zu stammeln.

Restlos verwirrt hoffte ich dennoch auf die magische Wirkung des Warentauschs mittels Geld. Der Groschen fiel zuerst bei Sabine: Es gab wohl ein Angebot für fünf gleichartige Postkarten zum Preis von 5,40 Euro. Das war mir gar nicht aufgefallen. Sabine versuchte zu vermitteln: „Es ging nur um die Anzahl. Wir wollten Sie nicht mit dem Angebot übers Ohr hauen.“ Sie entgegnete, nun etwas milder: „Ja … lass ich mich auch nicht!!“

Nach einigen Momenten des erneuten Nachgrübelns sagte sie dann: „Macht fünf Euro vierzig.“ Ich ließ es mir nicht nehmen, zu kommentieren: „Ach. Genau wie das Angebot.“ Sie schnitt dann noch eine Grimasse und wir schafften es, unserem Lachanfall erst außerhalb des Shop-Raums seinen Lauf zu lassen.

Versorgungslage in Apolda

Kurz gesagt: Es hatte alles schon zu außer dem Müller-Markt, einigen Barber-Shops, einem bulgarischen Supermarkt und der Bäckerei Bergmann. Letztere versorgte uns mit exzellentem Kaffee, Brötchen und Vita Cola. Und dann machten wir uns auf den Heimweg — per pedes, denn Apolda ist zwar nur einige Kilometer von Jena entfernt, per Zug dauert es aber doch eine Stunde. Das wollten wir uns kein zweites Mal antun.

Sowohl die Erreichbarkeit als auch die relative Leere teilt Apolda leider mit anderen von mir besuchten Städten wie Merseburg und Gera. Dabei war Apolda durchaus mal eine bedeutende Stadt. Nicht nur wurde hier der Dobermannpinscher gezüchtet, hier agitierten auch August Bebel und Karl Liebknecht, denn die Stadt war ein wesentliches Zentrum der Industrialisierung in Thüringen (bzw. Sachsen-Weimar-Eisenach).

 

Der Lutherweg: Ausbaufähig

Der Rückweg nach Zwätzen ist eigentlich sehr simpel: Immer dem Lutherweg nach, bis man hinter Closewitz vertraute Gefilde erkennt — und einfach heimgeht. Leider ist der Lutherweg auf weiten Strecken sehr dünn beschildert: Ohne komoot o.ä. geht es nicht, da läuft man laufend auf Privatgrundstücke, findet sich in Sackgassen oder auf Bundesstraßen wieder. Schade!

Außerdem möchte ich anmerken: Wenn einen der „Lutherweg“ an 5 evangelischen Kirchen vorbeiführt, die am Samstagnachmittag alle zugesperrt sind, dann muss man ein bisschen an der Reformation zweifeln.


Beitragsbild: Auf Reisen.

3 Gedanken zu „WS24/W04: Chagall, Apoldas Museumsshop, ein Sprach-Referat und MA-Formalia“

  1. Das mit dem Postkartenkauf ist spitze! Ich hätte mich auch gekringelt.
    Ansonsten spricht sehr viel Stress aus deinen Zeilen.
    Viel Glück bei Vorsprechen beim Betreuer!

    Antworten

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