Was passiert so gegen Ende der Semesterferien? Ich habe Peter Fuchs‘ Vorlesung zur Liebe gelesen („Liebe, Sex und solche Sachen: Zur Konstruktion moderner Intimsysteme“). Eine spannende Lektüre und auch als eher wenig voraussetzungsreiche, realitätsbezigene Einführung in die Systemtheorie lesbar. Außerdem bemühe ich mich gerade um ein kurzes Interview mit Gary Hill (Autor von „The Strange Sound of Cthulhu“) (Update: ist erschienen!) über eine Neuauflage des Buches und generelle Fragen rund um cthuloide Musik.
Bibliotheks-Sonderheft
Darüber habe ich ja schon gebloggt, aber noch einmal: Die fünfte Ausgabe des Bibliotheks-Sonderhefts des dpr ist erschienen.
Hausarbeit!
Das Blavatsky-Thema ist schon spannend. Es ist wirklich unfassbar, wie weitreichend die Bezüge der Theosophie sind. Man kann fast von einer Verteilerplattform der Geistesgeschichte sprechen; die Theosophys haben alles rezipiert und amalgamiert, was es gab, und alles Mögliche Nachkommende beeinflusst. Inzwischen stecke ich mitten in der Frage nach der Ambivalenz (Polyvalenz?) von Mythen, mystischen Legitimationen etc. pp. Auf der einen Seite kann man sagen, dass Blavatsky durch ihren Lebenswandel, aber auch z.B. durch eine Umdeutung des Mythos von Eva und der Schlange emanzipativ gewirkt hat; gleichzeitig repdoduziert sie dadurch aber auch einen biblischen Mythos, was wiederum weniger emanzipativ gedeutet werden kann.
Ein anderes Beispiel: Annie Besant, Sozialistin, Feministin und Präsidentin der Theosophical Society einige Jahre nach Blavatskys Tod, wandte sich nach ihrer „Bekehrung“ zur Theosophie (wenigstens temporär) von vorherigen Initiativen für das Frauenrecht auf Birth Control ab — weil sich dieses mit der Reinkarnations-Lehre der Theosophie nicht besonders gut vertrug. Mythen können liberalisierend wirken, aber sie entfalten eben auch immer einen eigenen Zwang, wenn man sie dann mal ernst nimmt. Und sie entziehen sich mehr oder minder der rationalen Kritik.
Diese ganzen Gedanken und losen Fäden stehen schon im Zettelkasten bzw. einer Master-Notiz, müssen jetzt also nur noch zusammengesetzt, korrigiert und abgegeben werden. Ein paar Tage bleiben dafür zum Glück noch. Allerdings muss ich gerade ja auch noch arbeiten und an anderen Projektchen werkeln, siehe oben. Und eine Studienfahrt gab es auch noch:
Gesellschaftstheorie-Fahrt nach Siegmundsburg
Dieses zu Beginn wörtlich, später für einige metaphorisch vernebelte „Wochenende“ (von Montag bis Mittwoch) diente vor allem dazu, dass Menschen ihre Masterarbeits-Pläne vorstellen und Feedback dazu erhalten. Das ging von überwiegend philosophisch-begrifflichen Arbeiten über Ästhetik (Walter Benjamin und politische Möglichkeiten der Kunst) bis hin zu qualitativ-empirischen Konzepten (Krankheitssoziologie zum polyzystischen Ovarialsyndrom). Ein spannender Ausflug mit viel Breite. Ich war überrascht, wie viel Philosophie bei den vorgestellten Arbeiten vorkam, weil das — von Derrida abgesehen — bislang nichts war, was ich als Schwerpunkt des Studiums ausgemacht hätte. Außerdem gab es Gelegenheit, Kritik und Anmerkungen zum Studium und einzelnen Modalitäten und Modulen loszuwerden.
Insgesamt merke ich bei solchen Ausflügen mein Alter — unruhige Mehrbettzimmer und Schlafenszeiten nach 0 Uhr passen nicht mehr ganz in meine verbürgerlichte Welt. Und die Reise nach Siegmundsburg war auch eher anstrengend (jeweils: U, ICE, RB, RB, Bus). Trotzdem auf jeden Fall eine lohnenswerte Fahrt: Mehr Klarheit über die Möglichkeiten und Rahmenbedingungen der Masterarbeit; exzellentes Essen (und prinzipiell keinerlei Konkurrenz um Nicht-Veganes); resonante Streifzüge in den Thüringer Wald; und viele Gespräche mit bekannten und unbekannten Kommilitonys.
Inhaltliche Learnings: Noch krasser als „voll“ ist „safe“ als pure Affirmation. Und Boomer erkennt man an der Nutzung der Whatsapp-Status-Funktion.
Das übliche Setup, diesmal in Siegmundsburg.
1 Gedanke zu „Die Semesterferien gehen zu Ende“