Energieverbrauch ist ja jetzt politisch, und da ich gerade über eine Pressemitteilung von Destatis stolperte, die mich zum Nachdenken zwang, teile ich kurz meine vorläufigen Ergebnisse. Vielleicht interessiert das Rechenspiel ja noch jemanden.
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Pressemitteilung: Alleinlebende verbrauchen 38 % mehr Wohnenergie als der Pro-Kopf-Durchschnitt aller Haushalte
Das muss man kurz sacken lassen. In Langform lautet das:
WIESBADEN – Die stark gestiegenen Energiepreise belasten besonders in der Heizperiode viele Haushalte in ganz Deutschland. Die deutlichen Preissteigerungen bei Heizöl, Gas und Strom dürften sich besonders stark auf die Ausgaben Alleinlebender auswirken. Sie verbrauchten im Bereich Wohnen durchschnittlich gut 12 100 Kilowattstunden Energie im Jahr 2019. Damit war der Pro-Kopf-Verbrauch in Einpersonenhaushalten rund 38 % größer als im Durchschnitt aller Haushalte[.]
Verglichen mit dem Pro-Kopf-Verbrauch in Haushalten mit drei und mehr Personen verbrauchten Alleinlebende sogar 76 % mehr Energie. Über alle Haushaltsgrößen hinweg lag der durchschnittliche Jahresverbrauch von Wohnenergie bei gut 8 800 Kilowattstunden pro Person.
Daraus folgen zwei mögliche Wertungen:
- Alleinlebende (Personen in Einpersonenhaushalten, 1-PH) „verschwenden“ durch ihr Alleinleben mehr Energie.
- Alleinlebende sind überproportional durch Energiepreise belastet.
Aber warum ist das so?
Flächenbedarf vs. Energiebedarf
Erste Intuition: Alleinlebende verbrauchen mehr Fläche und mehr Fläche muss beheizt werden, was einen Großteil des Energieverbrauchs ausmachen dürfte.
Flächenbedarf
Suchen wir uns doch mal die Fläche pro Personen in verschiedenen Haushaltsgrößen raus. Und dann gucken wir uns an, wie viel mehr Fläche eine Person im 1-/2-PH gegenüber dem 3-PH verbraucht:
Als Basis nehmen wir den großen Haushalt (3 und mehr Personen). Eine Person im 3+-PH braucht 33m². Demgegenüber braucht eine Person im 2-PH ca. 50% mehr Fläche, nämlich 49m² (und damit ziemlich genau so viel wie die durchschnittliche Person überhaupt, 46m²).
Alleinlebende (= P in 1-PH) brauchen
- nochmal 40% mehr Fläche (68m²) als zu zweit Lebende (= P in 2-PH mit 49m²),
- 48% mehr Fläche als die Durchschnittsperson (68m² zu 46m²),
- und damit insgesamt über doppelt so viel Fläche wie P in 3+-PH (106%).
Energiebedarf
Wie viel des Energiemehrbedarfs lässt sich nun aus dem höheren Flächenverbrauch erklären?
Wir erinnern uns: „Pro-Kopf-Verbrauch in Einpersonenhaushalten rund 38 % größer als im Durchschnitt aller Haushalte“, und das kommt schon relativ nahe an den Flächenmehrdarf von 48% einer P in 1-PH gegenüber Durchschnittsperson. Ein 1-Personen-Haushalt ist also sogar etwas „energiesparsamer“ pro Quadratmeter als ein Mehrpersonenhaushalt.
Die Pressemitteilung sagt aber auch noch: „Verglichen mit dem Pro-Kopf-Verbrauch in Haushalten mit drei und mehr Personen verbrauchten Alleinlebende sogar 76 % mehr Energie.“ Dem steht ein Flächenmehrverbrauch von 106% gegenüber. Folgerung: Ab einem Punkt (in der Rechnung: ca. 46qm) steigt der Energie- nicht mehr mit dem Flächenbedarf; trotzdem macht die Fläche den größten Teil des Energieverbrauchs aus. Erklärt sich ja auch inhaltlich aus den Heizkosten, die laut Pressemitteilung 71% des Energieverbrauchs ausmachen.
Fazit: Fläche reduzieren!
Was kann man daraus jetzt ableiten? Wenn man als Prämisse sagt, dass sowohl die Gesellschaft (Klimawandel!) als auch das Individuum (Strom- und Heizrechnung!) ein Interesse an geringerem Energieverbrauch hat, sollte man die Wohnfläche pro Person reduzieren, und das geht in den meisten Fällen wohl am einfachsten durchs Zusammenwohnen. Machen ja auch schon knapp 60% der Deutschen.
Quellen: Keine Selbstständigen, keine Reichen
Eine Randnotiz am Ende:
Datengrundlage für die Ausgaben privater Haushalte sind die Laufenden Wirtschaftsrechnungen (LWR). Ergebnisse für Haushalte, deren regelmäßiges monatliches Nettoeinkommen 18 000 Euro und mehr beträgt, bleiben in den LWR unberücksichtigt, da diese in zu geringer Zahl an der Erhebung teilnehmen. In die LWR werden nach den gesetzlichen Vorgaben Haushalte von Selbstständigen (Gewerbetreibende und selbstständige Landwirte und Landwirtinnen sowie freiberuflich Tätige) nicht einbezogen.
D.h., es geht nur um middle und lower class-Haushalte, außerdem keine Freiberufler. (Allerdings glaube ich bei den mit bekannten Lektorinnen und Architektinnen nicht, dass sie anders heizen und leben als meine lohnabhängig beschäftigten Bekannten.)