Woche 14: Blavatsky, Tango und Derrida

Diplomaten ärgern sich nie – sie machen sich Notizen.
Talleyrand

Auf vielfachen Lesendenwunsch: Diese Woche mal kürzer! Eine kurze Info zum Nahverkehr in Thüringen: Auch hier ist am 2.2. die Maskenpflicht entfallen. Naja, man kann ja trotzdem weiter eine tragen …?

Kaffee

Ich häcksle ja immer selber Bohnen und brühe dann damit Filterkaffee. Nun ist die erste Zwätzen-Kilopackung Kaffeebohnen kurz vor Semesterende leer geworden; das heißt auch: Wenn ich im Sommersemester ungefähr vergleichbar oft hier bin, sollte genau eine Packung genügen.

Uni

In der Körpersoziologie ging es um das merkwürdige Ritual (?) des Tangotanzens – und alles drum herum, zwischen Rausch und Rollen. [Update: Mehr Details in den Kommentaren.]

Und ansonsten:

Geschlecht und Religion

Dank der Präsentation für das Blavatsky-Referat in „Geschlecht und Religion“ habe ich nun „Office 365“ installiert. Ein komisches Gefühl, wenn man (privat) jahrelang ausschließlich mit Writer und Calc von LibreOffice und der Google-Suite gearbeitet hat. Aber immerhin ist es kostenlos dank Uni-Zugang …

Zum Referat selbst: Eigentlich handelt es sich ja um eine „Stundengestaltung“, also Didaktik inklusive. Zahlenmystisch interessant: Es war die 13. Sitzung – wegen einer entfallenen Stunde. Meine Referatspartnerin und ich haben den (wenigen) Leuten die Aufgabe gestellt, aus einigen Thesen aus dem Abstract von Per Faxnelds „The Hermaphrodite Satanist“ zu erarbeiten, wieso die Theosophische Gesellschaft attraktiv auf „emanzipierte“ Frauen gewirkt haben könnte (H.v. mir):

  • „Theosophy can be considered part of a broad counter culture, which included socialists, vegetarians and feminists.“
  • „While Blavatsky did not self-designate as a feminist, she nonetheless made several contributions to the feminist struggle[.]“
  • „in her opinion no individual ought to be subjugated because of what flesh their spirit was temporarily housed in
  • „Her public rejection of “proper” Victorian womanhood – traveling extensively on her own, occasionally dressing up in men’s clothing, swearing and smoking profusely, reviling marriage – also helped destabilize gender categories

Daraus sollte dann ein „Claim“ gebastelt werden. Meines Erachtens das beste Ergebnis: „Entdecke die Göttin in dir!“

Spannend fand ich auch, wie vielfältig die Einflüsse Blavatskys auf alle möglichen Bereiche der Geistesgeschichte waren – und wie ambivalent:

Einflüsse der Theosophie auf verschiedene Bereiche der „Geistesgeschichte“

Derrida

Im Vorfeld gab es jede Menge Texte zum Messianischen bei Walter Benjamin, zu „Grenzen“ und Entgrenzungen und Apokalyptik. Ich befürchte, hier fehlt es mir häufig an Vorbildung in diesen Denkweisen und Begriffen, Bildern und Assoziationen. Ein wahlloses Beispiel: „Dieser nicht-instrumentelle Medienbegriff und die Vorstellung einer transzendentalen Sphäre einer reinen Mittelbarkeit sind nicht auf Benjamins Sprachtheorie beschränkt, sondern enthalten zugleich den Schlüssel zu seinem frühen Politikbegriff.“ Uffz.

Im Seminar ging es dann um die Aufgabe des Übersetzens; Ethiken der Sprache; und konkrete Übersetzungsprobleme. Insgesamt eine spannende Reise durch die Welten der Sprach-Dekonstruktion, aber ich weiß nach wie vor nicht, ob ich Derrida und Benjamin zur privaten Erbauung lesen würde/werde.

Extracurriculäres

  • „Niklas Luhmann beobachtet“ (Peter Fuchs) ist ein launiger Lehr-Dialog über die Systemtheorie. Der siebengescheite Systemtheoretiker Siebenschwan erklärt einer illustren Runde in einem „Privatissimum“ die Grundlagen der Theorie. Ich würde sagen, ohne einige grundbegriffliche Vorkenntnisse ist das nicht leicht zu ergründen. Wer ein bisschen vorbelastet ist mit der Theorie, kriegt aber eine recht konzise und präzise Einführung, die sich schnell lesen lässt. Achtung: In der Form eines Dramas!
  • Ansonsten geht viel Zeit in die Korrekturen für das Sonderheft Bibliotheken 2023. Schon jetzt kann ich versprechen, dass es ein abwechslungsreiches und spannendes Heft wird, mit Themen wie Nachhaltigkeit! (Erscheint im März.)

Und nächste Woche?

Für die kommende Woche ist eigentlich nur ein Text zu lesen: die letzten Kapitel von Agnolis „Subversiver Theorie“. Alle anderen Reader und Bücher sind ausgelesen. Das Ende naht!

Studentenfutter

Was mich bei vielen Studentenfutter-Mischungen stört ist nicht, dass es Studierendenfutter (oder Studentyfutter?) heißen müsste, sondern dass zu wenige Cashews drin sind. Mein momentaner Favorit ist daher das (teure) von Seeberger; das ist, wie die Packung schon verspricht, „ausgewogen“ gemischt und enthält genug von allem. Just saying.

Transit

Diese Woche gab es eine Fahrt per Regionalexpress. Das war tatsächlich recht angenehm: ohne Umstieg und direkt bis zum Paradiesbahnhof, was auch innerhalb Jenas ein bis zwei Verkehrsmittel spart. Insgesamt dauert es zwar etwas länger, aber gerade, wenn man kein günstiges ICE-Ticket mehr ergattert, ist es eine echte Alternative.


Beitragsbild: Photo by Mike Kenneally on Unsplash. Kaffee geht immer.

7 Gedanken zu „Woche 14: Blavatsky, Tango und Derrida“

    • Vielen Dank fürs Feedback. Wenn dir die Lektüre zu kurz war, findest du im Archiv noch einiges Spannendes – du kennst das zwar alles schon, aber sicherlich hast du Details bereits vergessen! Es kann nie schaden, gute Texte mehrfach zu lesen!

      Antworten
    • Also gut. Wir haben den Text „Exotic Gender (e)motion: Körper und Leib im Argentinischen Tango“ von Paula-Irene Villa gelesen, einer Körpersoziologin und Tänzerin. In diesem Text (leider nicht online, aber ich hätte ein PDF …) seziert die Autorin einen Tango-Salon-Abend; von der Vorbereitung (des Körpers) über die Koordination von Einzelmenschen zu Tanzpaaren (u.a. über „Blickpolitik“) bis hin zur Zähmung der Erotik durch einen klaren rituellen Rahmen. Daran knüpfen sich einige, mehr oder weniger interessante Erkenntisse:

      – der rituelle Rahmen kommt v.a. durch die Musik zustande; die körperliche und sinnliche Intimität beginnt und endet mit der Musik (wäre ansonsten zu riskant?)
      – lauter Mikro-Handlungen strukturieren die Zeit zwischen den Tänzen und die Kommunikation (Getränke, Zigaretten; Blickrichtungen, etwa das Zubodenblicken als Pausenzeichen oder zur ablehnung einer Offerte)
      – Erotik wird ggf. zur Requisite, oder sogar zum Rauschmittel?
      – „gespielte“, temporäre Erotik kann dennoch oder gerade deswegen sehr intensiv empfunden werden
      – gerade die mitlaufende permanente Gefahr von Ablehnung könnte den Reiz ausmachen (sofern sie wiederum eingehegt und entschärft ist, eben durch Rituale)
      – der Salon ist eine Art „Sinnprovinz“, eine Szene, in der alles mögliche anschlussfähig ist, was in anderen Kommunikationskontexten nicht anschlussfähig wäre (das hat mich sehr ans Rollenspiel erinnert, auch wenn dort der Körper vermutlich weniger relevant ist)
      – wir haben über Geschlechterrollen/-performances, feministischen Tango etc. gesprochen, aber leider ohne für mich befriedigende Ergebnisse. Im Tango schwingt ein traditionelles, latent chauvinistisches Rollenbild mit; und das fordert natürlich Versuche der Übertretung heraus.
      – Ich fand besonders die Überlegung spannend, wie durch so einen Abend große Freiheitsgrade entstehen (mit wem werde ich tanzen?) und gleichzeitig konditioniert werden (Tanzniveau, Attraktivität, Bekanntheit, Zeremoniell, Zufall, …) – quasi ein Mikro-Modell von Kommunikation überhaupt.

      Wenn man sich dann die Frage nach dem „subjektiv gemeinten Sinn“, also z.B. der Motivation der Teilnehmenden stellt, nehme ich an, dass es vor allem Gruppenbildung und Zeitstrukturierung sind. „Das macht eben Spaß.“ Kleinkinder plappern zur Sozialübung, Erwachsene spielen RPGs oder gehen tanzen. Aber die Beobachtung des Vollzugs ist spannend.

      Antworten
      • Klingt spannend. Ich Frage mich, ob es so eine Untersuchung auch für Contact Impro gibt. Und das PDF kannst du mir gerne mal per Mail schicken 🙂

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