Axie FAQ: Wertschöpfung, Steuern und Spielspaß bei Axie Infinity

Update Januar 2021: Ich empfehle dieses Video von Folding Ideas für einen (zurecht) skeptischen Blick auf NFT-Ökonomie. Der interessanteste Aspekt kommt zum Schluss: Wieso übt das so einen Reiz aus? Die Antwort beleuchtet zumindest einen sehr wichtigen Aspekt. Unter der Überschrift „I Know It’s Rigged, But It’s The Only Game In Town“ betrachtet Moderator Dan Olson das Problem als Versuch, der allgegenwärtigen Entfremdung (insbesondere der Arbeitswelt) zu entgehen: Techies wie auch Normalos sehen den Zug abfahren („feel the future getting smaller“) und fürchten die Prekarisierung (Gig Economy), aber erblicken hier eine Hoffnung, selbst zu Geltung/Macht/Gestaltungsfreiheit/Reichtum zu gelangen – und sich dabei einerseits von den Zwängen der „realen“ Wirtschaft (die ja auch vermehrt „virtuelle“ Finanzwirtschaft ist) zu befreien, andererseits „dem System“ einen wütenden Finger zu zeigen: Dafür ist die inhärente Wertlosigkeit der „Assets“ natürlich besonders nützlich, und es hilft den Kryptokapitalisten, sich als Punk zu verstehen. Es ist also alles Habitus, und diese Erklärung scheint mir zwar nicht das gesamte Phänomen zu durchdringen, aber den antikapitalistischen Impetus teile ich.

Heute mal ein paar vermischte Fragen und Antworten, mit denen ich meine anthropologische Untersuchung der Axie-Kultur fortsetze (erster und zweiter Artikel zum Thema).

Macht Axie Spaß?

Schwer zu sagen, das ist ja reichlich subjektiv. Wem es Spaß macht, Trading-Card-Turniere zu spielen (also stundenlang dasselbe Deck mit derselben Strategie gegen unterschiedliche Gegner und Strategien zu spielen), der ist mit dem momentanen Spielmodus gut bedient. Wer dagegen eine Geschichte erleben oder immersiv in einem Charakter versinken will, geht bislang leer aus – das könnte sich aber bald ändern.

Wenn man das „Earn-Money“-Metagame auch als Spiel zählt, dann hat man eine Mischung aus Wirtschaftsstrategie und Kampfstrategie (was natürlich beides auf „Ressourcen-Management“ als Mechanismus zurückfällt, also letztlich sehr ähnlich ist). Manche Spielerinnen und Spieler werden auch die Ästhetik, den Haustier- oder Tierzucht-Aspekt oder die Spielwelt Lunacia zu schätzen wissen.

Insgesamt würde ich sagen, dass es für eine Alpha-Version schon recht viel Spaß machen kann – außer, man verliert permanent Spiele gegen andere Spieler.

Lohnt sich Axiespielen?

Kommt drauf an. Vier Szenarien:

  1. Ich kaufe 3 Axies (ab ~1500 Euro) und spiele jeden Tag: Dann hängt das enorm am aktuellen SLP-Preis.
    1. Realistisch kann man 50 Adventure-SLP erspielen und nochmal 10-15 Arena-Kämpfe gegen andere Spieler spielen.
    2. Dabei gewinnt man rein rechnerisch die Hälfte der Kämpfe, nehmen wir also mal an, man gewinnt 6 Stück. Wie viele SLP man dafür bekommt, hängt am Rang; nehmen wir das Mittelfeld, dann bekommt man pro Sieg etwa 9 SLP.
    3. Gehen wir also von 50+(9*6) = ca. 100 SLP aus. Das entspricht aktuell etwa 15 Euro (vor Transaktionskosten und Wechselgebühren und natürlich auch vor eventueller Versteuerung!). Außerdem muss ich dafür 1-2 Stunden Zeit am Tag rechnen. Ein eher dürftiger Stundenlohn von 7,5–15 Euro (siehe zum Thema Stundenlohn hier).
    4. Routinierte Spieler rechnen eher mit 150–200 SLP, also sagen wir bis zu 30 Euro am Tag und damit ein Stundenlohn von 15–30 Euro. Leider nicht skalierbar, wenn man nur selber spielt.
    5. Fun fact: Das heißt, wenn ich einen Arenakampf gewinne, kriege ich dafür einen Euro. Eine lustige Rendite.
    6. Mein eingesetztes Kapital von 1500 Euro habe ich also beim aktuellen SLP-Preis nach spätestens 50–100 Tagen wieder eingespielt – eine enorm krasse Rendite, zumal ich ja die „Axie-Assets“ weiterhin besitze. Das erklärt sicher einen gut Teil der Faszination (s.u.). Allerdings ist sehr fraglich, ob SLP nicht (wieder und weiter) massiv an Wert verlieren werden.
  2. Ich kaufe 30 Axies, suche mir 10 „Scholars“ und die spielen für mich: Dieselbe Rechnung, aber ich bekomme nur die halbe Rendite und muss mindestens 15.000 (!) Euro investieren. Dafür habe ich weitgehend passive oder zumindest gut skalierende Einnahmen, weil ich nur alle paar Tage ein paar Menschen verwalten muss.
  3. Ich kaufe und brüte Axies: Dafür braucht es vermutlich viel Kalkulation, ein gutes Händchen bei der Prognose des zukünftigen Marktwerts von Axies und Glück oder eine sehr große Anfangsinvestition. Die Strategie ist gut mit Szenario 2 zu kombinieren. Leider habe ich keine Ahnung, was man damit verdienen kann, aber ich vermute, sehr viel – oder man geht bankrott. (Siehe auch die Frage zu zukünftigen Geschäftsmodellen.)
  4. Ich handle Axies, Land-Plots oder einfach die Spielwährung AXS: Dann bin ich einfach Trader und mein Einkommen hängt davon ab, wie geschickt ich agiere.

Wie groß ist der Axie-Markt?

Zum Zeitpunkt dieses Artikels gibt es ein Handelsvolumen auf dem Marketplace von etwa 7000 ETH (!) in den letzten 24h, das sind 23,5 Millionen US-Dollar. In 7 Tagen wurden über 200 Millionen Dollar in Axies gehandelt, in den letzten 30 Tagen sogar über eine Milliarde. Diese Zahlen enthalten den Handel von Axies, Landstücken und „Items“, also funktionalen Deko-Stücken.

Wer sich für Ingame-User, Axie-Holder und andere zahlen interessiert: Es gibt da ein offizielles Spreadsheet.

Axie Infinity: Wachstum
Wachstum und Nutzerzahlen in Axie Infinity

Ist das koloniale Ausbeutung, wenn jemand auf den Philippinen meine Axies spielt?

Ich weiß nicht, wie das moralisch zu bewerten ist. Es hat einen kolonialen Touch, wenn man statt einer Bot-Farm Menschen in schlechter entwickelten Ländern für sich spielen lässt und davon profitiert. (Bots sind übrigens verboten, das „Scholar“-System ist „geduldet“; wobei man sagen kann, dass es aktiv unterstützt wird, nachdem Mavis eigene Scholarship-Channels auf dem Discord betreibt.)

Aber immerhin verbraucht Axie nicht so verrückt viele Ressourcen wie Krypto-Mining, um auch mal was Positives zu sagen. Und: Viele Scholar-Manager leben ebenfalls in den Ländern, in denen gespielt wird. Aber es wundert mich, dass diese Facette zumindest meiner Wahrnehmung nach nicht beleuchtet wird. Vielleicht haben wir uns an die Externalisierung von Arbeit in Länder mit schlechterem Lohnniveau schon gewöhnt.

Wie werden die „Geschäftsmodelle“ rund um Spiele/Ökonomien wie Axie aussehen?

Ich vermute, die Zeit der Solo-Glücksritter ist vorbei und wir steuern entweder auf eine Unternehmenswelt (Prä-Metaverse-Parabel: Goldminen-Betreiber) oder auf eine E-Sport-Welt zu. Es ist aber ausgesprochen spannend, wie diese aussehen wird. Ich vermute, sie wird sich um „Gilden“ wie YGG, „Yield Guild Games“, drehen. Diese kriegen Player-Engagement und Investoren unter einen Hut und können z.B. großangelegte Zucht- und Scholarship-Programme anlegen. Außerdem wird es einfacher, auch die rechtlichen und steuerlichen Aspekte zu bearbeiten.

Wenn ich mehr Zeit und ein paar 100k Euro übrig hätte, würde ich vielleicht die *Metaverse Exploration GmbH* zum Scholarship-Management und zum Investment in Spiele und virtuelle Welten gründen. (Der Pun, dass „Metaversum“ eine dystopische Vokabel ist, gefällt mir übrigens gut.)

Ich glaube generell an NFT-P2E-Games, aber ich weiß nicht, wie und in was ich investieren soll! Was soll ich tun?

Lustig. Es gibt tatsächlich schon eine Art „Index-ETF“-Meta-Token, den man kaufen kann, er heißt passenderweise „Metaverse Index“. In Form von Staking-Yields (quasi die Dividenden der Krypto-Welt) soll er sogar quasi akkumulierend funktionieren. Ich misstraue dem Konzept, daher kein Link, man kann das aber leicht googlen, wenn man unbedingt „investieren“ will. Das bringt uns zur nächsten Frage:

Braucht es „Investorenschutz“?

Vielleicht, aber in diesem ganzen Krypto-Glücksritter-Dschungel fällt es mir schwer, Investoren zu sehen; ich sehe Spekulanten, und Spekulantenschutz halte ich für Quatsch. Jede(r) weiß doch, worauf er oder sie sich einlässt: Axie ist wie ein merkwürdiges Pokerspiel, bei dem ich 2000 Euro Startgeld bezahlen muss, aber nur abstrakte Kunstwerke mittelbedeutsamer Künstler gewinnen kann. Deren Preise können in den Keller rauschen, mein Angebot kann auf null Nachfrage stoßen etc. Oder ich lande den großen Coup.

Wie ist das eigentlich mit den Steuern?

Gute Frage. Bei Haufe findet man:

„Handel mit Kryptowährungen [ist] umsatzsteuerfrei, da Kryptowährungen den gesetzlichen Zahlungsmitteln gleichgestellt sind“ []

Natürlich fällt aber, nehme ich an, bei kurzer Haltedauer auch von AXS und SLP eine Spekulationssteuer auf Gewinne an. Wobei die Frage ist, wie dabei neu gemintete SLP bewertet werden … das müsste ja fast wie Crypto-Mining sein?

Außerdem steht dort zu NFTs:

Bei NFTs steht nicht die Zahlungsfunktion im Vordergrund, weshalb der Handel von NFTs wohl nicht umsatzsteuerfrei sein dürfte. Bei Kunstwerken stellt sich hier außerdem die Frage, ob sie über ein NFT noch mit dem ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent statt 19 Prozent angesetzt werden können. Leider gibt es hierzu noch keinerlei Aussagen der Finanzverwaltung.“

Für alle „privaten“ Axie-Trader interessant:

Wer wiederholt Kunst an- und verkauft, um damit nachhaltig Geld zu verdienen, gerät in die Gefahr, vom Finanzamt als gewerblicher Händler eingestuft zu werden. Dann sind Gewinne auch außerhalb der Jahresfrist steuerpflichtig. Außerdem fällt Gewerbesteuer an. Ob und inwieweit dies bei NFTs der Fall sein wird, lässt sich aktuell noch nicht abschätzen.

Ob das auch fürs Breeden gilt …? Und was ist eigentlich mit der (lohnabhängigen?) Beschäftigung von Scholars? Oder muss man das Manager/Scholar-Verhältnis anders einschätzen? Und ganz doof gefragt: Gilt das auch für’s Sammelkartentauschen am Kneipentisch? – Dann wäre der einzige Unterschied, dass das Finanzamt kaum im Magic-Lokal vorbeiguckt, in der Blockchain aber noch 2042 nachgucken kann, wer wann was für wie viel ge- oder verkauft hat.

Ich wünsche jedenfalls vorsorglich jedem Axie-Dealer, Breeder oder Scholarship-Manager eine gute Rechtsschutzversicherung und einen soliden Steuerberater …

Was bedeutet „Wertschöpfung“?

Axie „schaffe keine Werte“ war einer der ersten Einwände gegen eine spielinterne Ökonomie, die echtes Essen auf die Tische echter Menschen bringt. Das ist irgendwie kurzsichtig; das Zitat am Ende meines letzten Axie-Artikels belegt ja, dass das gar nicht neu ist.

Das Argument ist aber ja an sich schon falsch. Es gibt ganze Unternehmen, namentlich der Unterhaltungsindustrie, die lediglich digitale Ausstattung für Unterhaltung verkaufen, also Games, Ingame-Items etc. Dort wird die „Wertschöpfung“ (vielleicht zu Unrecht) nicht bestritten.

Das Argument ist aber auch auf einer noch höheren Ebene falsch: Es gibt jede Menge Jobs, in denen die Betreibenden keinen Wert schaffen. Das sind dann Bullshit Jobs. Der leider verstorbene Anthropologe David Graeber nennt in seinem gleichnamigen Buch z.B.

goons, who act to harm or deceive others on behalf of their employer, e.g., **lobbyists, corporate lawyers, telemarketers, public relations specialists, community managers**

box tickers, who create the appearance that something useful is being done when it is not, e.g., **survey administrators, in-house magazine journalists, corporate compliance officers, quality service manager**

taskmasters, who manage—or create extra work for—those who do not need it, e.g., **middle management, leadership professionals**

Menschen für überflüssige Tätigkeiten zu bezahlen ist die Regel, nicht die Ausnahme; ansonsten wüssten wir ja auch gar nicht, wie wir große Teile der Bevölkerung 40+ Stunden pro Woche beschäftigt halten sollten. (Davor hatte übrigens schon John Maynard Keynes Angst, weil er der Ansicht war, wir würden bald nur noch 15 Stunden pro Woche arbeiten; was für ein Irrtum.)

Natürlich muss man hier „überflüssig“ definieren; wenn es bei *Notwendigkeit* um die Notwendigkeit für ein gelingendes oder gar gutes Leben geht, dann sind viele Jobs überflüssig. Wenn es darum geht, was „der Markt“ annimmt und bezahlt, ist kein Job überflüssig. (Mit dem Gedanken rühren wir aber schon an zentrale Fragen der Herrschaft in unserer Gesellschaft und laufen Gefahr, marxistisch zu werden, daher schnell zur nächsten Frage.)

Warum darf man sich nicht kritisch auf dem Axie-Discord oder bei reddit äußern?

Sobald man etwas sagt, was der vorherrschenden Ideologie des „Axie will take over the world and you have an OBLIGATION!11! to be part of it!!!“ nicht eifrig genug entspricht, wird einem vorgeworfen, „FUD“ (fear, uncertainty, doubt) zu verbreiten. Aus diesem Grund wurde der Channel „axie-economy“ auf dem Discord-Server dicht gemacht. Aber auch auf reddit werden „abweichende Meinungen“ verfolgt, was sektiererische Züge annimmt (und für Investoren wohl auch ein wenig eigennützig sein dürfte).

Sind alle (Finanz-)Märkte Ponzi-Schemes [ohne Betrugsabsicht]?

Eine gute Frage, die ich hier unterbringen wollte, ohne sie beantworten zu können. Zumindest Finanzmärkte leben davon, dass immer mehr Geld in der Hoffnung auf zukünftige Gewinne in sie hineingepumpt wird – genauso, wie Axie davon lebt, dass alle Welt Geld hineinsteckt, weil Axies oder Land-Plots im Wert steigen oder sie sich als Produktionsmittel bezahlt machen. (Ja, Axies haben einen dreifachen Warencharakter, als Gebrauchsgut zum Spielen, als Produktionsmittel fürs Farmen von SLP/AXS/… und als Spekulationsobjekt.)

Bei Axie glaube ich nicht, dass eine Betrugsabsicht dahintersteckt, daher ist das kein Schneeballsystem; bei den weltweiten Finanzmärkten bin ich mir da nicht so sicher.

Welche Pflichten hat eigentlich Sky Mavis?

Das ist schwer zu sagen. Man bezahlt ja nicht fürs Spiel wie z.B. bei einem MMORPG, wo man ein Abo abschließt und daher ein Recht auf Verfügbarkeit hat. Man bezahlt für Ingame-Assets, die auf einer Blockchain verfügbar bleiben, selbst wenn das Spiel in die Binsen gehen würde.

Andererseits wird das Spiel aktiv als Einnahmequelle vermarktet („Play to earn!“), sodass ich mir durchaus Urteile (nur: mit welchem Gerichtssitz?) vorstellen kann, die hier Verhalten des Studios sanktionieren. Gerade in Deutschland würde es mich auch nicht wundern, wenn das „Scholarship“-System irgend eine arbeitsrechtliche oder gewerberechtliche Relevanz hätte. (Steuern!)

Neben den rechtlichen Pflichten kann man natürlich auch über ethische Verpflichtungen spekulieren. Immerhin hat Sky Mavis den Medienrummel „Krypto-Game ernährt Menschen auf den Philippinen!“ gerne mitgenommen und nicht widersprochen – daher kann man Gamedesign-Entscheidungen durchaus auch daraufhin abklopfen, ob sie hier einer Verantwortung nachkommen. Im Zweifelsfall würde so ein Studio (das ja auch schon Verbindlichkeiten bei diversen Partnern und Investoren hat!) aber wohl sagen, dass seine Verpflichtung dem Markt dient.

Warum spricht dieses ganze Phänomen so viele Leute an?

Erstens glaube ich gar nicht, dass es so viele sind. Zweitens dürfte die häufigste Antwort sein: Weil man damit Geld verdienen kann (als Kapitalist, als Arbeiter und als „Arbeiter mit Aufstiegshoffnung auf eigenes Kapital“). Aber drittens wird es interessant, auch wenn ich den Gedanken noch nicht ganz fassen kann und er wohl ein bisschen spekulativ und philosophisch ist:

Wir leben in einer Welt permanenter Beschleunigung. (Der Soziologe Hartmut Rosa, bei dem man zu diesem Komplex sehr viel nachlesen kann, würde sagen: in einer sich dynamisch stabilisierenden Welt). Das führt zum weitgehend totalen Verlust von Sicherheiten, Autonomiegefühlen, Ankern und Häfen des einmal Erreichten. Kurz: Es führt zu „Entfremdung“.

Das Versprechen einer virtuellen Welt, an der ich nicht nur spielend, sondern als „echter Eigentümer“ teilhaben kann, und wenn ich früh genug dabei bin sogar als Großgrundbesitzer, wirkt da wie eine Erlösungshoffnung. (Rosa: Es stellt ein Resonanzversprechen dar.) Marxistisch gesagt: Hier wird eine Beteiligung an den Produktionsmitteln und eine Mitgestaltung der Produktionsverhältnisse einer neuen Welt versprochen.

Diese Hoffnung muss natürlich scheitern, allein, weil sich ein Spiel wie Axie nochmals schneller stets neu stabilisieren muss als andere Phänomene der Wirtschaft – wie man an den Eingriffen in die Spiel-Ökonomie Anfang August und vor allem den Reaktionen darauf gesehen hat. Das schließt die hohe Wahrscheinlichkeit von Kapitalakkumulation ein.

Trotzdem: Das erklärt vielleicht einen Teil der Sogwirkung von NFTs, aber natürlich auch von Gold, Dividenden-Aktien, Immobilien etc.pp., nur ohne den fluffigen Fluff.

Warum ist Land in Axie eigentlich so sackteuer?

Simpel gesagt: Weil alle davon ausgehen, dass man dort mit akzeptablem Ressourceneinsatz AXS (die Governance-Währung des Spiels, die gerade bei 60 Euro je Token notiert) farmen können wird. Über die Mechaniken des Land-Gameplays ist allerdings noch recht wenig bekannt, einiges findet man in diesem Video https://www.youtube.com/watch?v=LftGHYgeDnc
Ob die „Investition“ von 12.000$ in das billigste verfügbare Stückchen Land sinnvoll ist, vermag ich nicht zu sagen. Das hängt davon ab, wie es der Axie-Ökonomie gehen wird, wenn „Land Gameplay“ released wird.

Das Spannendste am Land Gameplay könnte sein, dass es hierfür ein SDK gibt, mit dem man eigene Spielmodi und „Level“ bauen können wird – die dann selbst als NFTs handelbar sein werden. In diesem Sinne würde tatsächlich ein wirkliches Ökosystem entstehen, das auch Skills und Kreativität belohnt und stark oder vollständig von Spielern (oder: mächtigen Gilden) dominiert wird. Diese Zukunft klingt spannend.

5 Gedanken zu „Axie FAQ: Wertschöpfung, Steuern und Spielspaß bei Axie Infinity“

  1. Danke für den Artikel, der mir einiges erklärt und dann noch ein paar zusätzliche Fragen aufwirft 🙂

    Ein paar unzusammenhängende Punkte:

    „Ich weiß nicht, wie das moralisch zu bewerten ist.“
    -> Du fasst es mMn mit dem Verweis auf Kolonialismus ja ganz richtig. Aber halt eher vergleichbar mit Amazons Mechanical Turk oder Fiverr als Geoarbitrage, weniger als Ausbeutung von Ressourcen (z.B. Diamant- oder Uranminen). Dass damit grundsätzliche vom Westen/Norden abhängige Verhältnisse entstehen und dort das Eigentum an den Produktionsmitteln liegt, ist klar.

    „Wertschöpfung“ sehe ich sowohl innerhalb der kapitalistischen Logik (Transaktionen und Werterhöhung würden, wenn greifbar, ins BIP einfließen) als auch im Sinne marxistischer Mehrwertproduktion. Es entsteht aber halt kein Tisch zum dransetzen oder ein Tuch zum einwickeln 🙂
    Aber inwiefern „marktdienliche“ Aktivität beim Traden einen Wert schafft und wie ich das kategorisieren würde, kann ich dir nicht sagen, an der Stelle hab ich selbst zu viele Fragezeichen.

    Ich bin tatsächlich vom scheinbar auch als Anfängerin recht mühelos erzielbaren Stundenlohn (solange die Economy nicht den Bach runter geht) überrascht.

    Ich könnte es wohl auch über eine Suchmaschien selbst rausfinden, aber vielleicht nervt es dich ja nicht, es mir hier zu erklären: Wie läuft das mit den Scholars ab, wenn ich meine Axies verleihe? Wie kann ich sicherstellen, dass diese nicht mit (m)einer Wallet (?) durchbrennen oder ich dann auch die vereinbarte Quote abziehen kann? Ist diese Verleihmöglichkeit von vornherein vorgesehen, oder wurde das als Geschäftsmodell entdeckt? Dieser Vorgang muss ja technisch gelöst sein und nicht auf einem Vertragsverhältnis basieren – andernfalls stell ich mir das völlig untauglich für die Praxis vor?!

    „Das Versprechen einer virtuellen Welt, an der ich nicht nur spielend, sondern als „echter Eigentümer“ teilhaben kann, und wenn ich früh genug dabei bin sogar als Großgrundbesitzer, wirkt da wie eine Erlösungshoffnung. (Rosa: Es stellt ein Resonanzversprechen dar.) Marxistisch gesagt: Hier wird eine Beteiligung an den Produktionsmitteln und eine Mitgestaltung der Produktionsverhältnisse einer neuen Welt versprochen.“
    -> Wie du ja selbst schreibst: so argumentieren ja auch alle, die für Investitionen in Aktien- oder Immobilienfonds begeistern wollen. Das kann also allenfalls einen Teil erklären. Ich würde den Unterschied einerseits in der Gamification, in anderen die Psyche adressierenden Effekten (Belohung im Erfolgsfall, andernfalls immerhin Loss-Porn, eventuell – ich weiß nicht ob hier zutreffend – eine ständige Exposition à la Neobroker-Apps mit Pushnachrichten, die dauernd eine gewisse Dringlichkeit vorgaukeln) suchen. Und als dritten Punkt außerdem: Dem Bewusstsein, dass ausgehend von geringem Startkapital das Wohlstandsversprechen sozialkonformer Investitionen wie z.B. ETF-Sparplänen eben auch zynisch ist. Mit 25€/Monat Sparrate in einen All-World-Fond wird halt auch keine, wie heißt das immer so schön, „Rentenlücke“ geschlossen. Axie fällt dann halt eher in die Kategorie Gamestop-YOLO, weite Teile von Crypto und Lotto, Glücksspiel etc. und befeuert die Hoffnung wenigstens auf die Chance eines Auswegs bzw. sozialen Aufstiegs. Get rich oder die tryin.

    Antworten
  2. Moin Thomas 🙂

    Danke fürs Feedback zur „Sogwirkung“ des Spiels, da denke ich täglich drüber nach. Push-Nachrichten hat das Spiel tatsächlich gar nicht nötig, da reicht der monetäre Incentive und der Spielspaß. Ich zocke ab und an sogar zur Entspannung mal ein Match, nachdem ich meine „Energy“ für den Tag aufgebraucht habe und folglich keine „SLP“ mehr verdienen kann.

    Die Motivation „Get rich quick“ oder überhaupt „Get rich“ sehe ich schon auch als primären Faktor. Trotzdem glaube ich, dass die Eigentums-Komponente bei NFTs da noch eine andere Note reinbringt. Es ist ein Pferderennen, bei dem mir das Pferd gehört, auf das ich setze, und das ändert die Motivation (jedenfalls für Axie-Besitzer, die meisten Daily Active User sind ja Scholars ohne eigenen Anteil an den Produktionsmitteln, pardonmyfrench). Da ist zwischen den fluffigen Axies und der Idee, ein eigenes Stück Land in „Lunacia“ zu besitzen, und der Hoffnung auf den großen Wurf noch irgendein Sog – vielleicht kann ich den demnächst benennen.

    Zu deiner Frage: Das mit den Scholars funktioniert so, dass du denen nur Zugriff auf den Gaming-Account (Login mit Mailadresse+Passwort oder QR-Code, den du als „Manager“ generieren kannst), aber nicht auf die dahinterstehende Wallet gibst. NFT-Austausch, Token-Transfer und spezielle Aktionen wie Brüten gehen nur mit Signierung in der Wallet (Metamask bzw. „Ronin“, also jeweils Browser-Plugins). Damit sind die Assets weitgehend geschützt; das schlimmste, was die Scholars machen können, ist gegen die Terms of Service zu verstoßen und dadurch zu riskieren, dass deine Axies temporär (ich glaube zwischen 1 Monat und 5000 (!) Tagen) gebanned werden.

    Dafür tragen Scholars das Risiko ihrer Zeit: Ob und wann du ihnen ihren Share an SLP auszahlst, liegt bei dir. (Also zumindest technisch; rechtlich würde ich schon sagen, dass hier eine Art Werk- oder Arbeitsvertrag vorliegt.)

    Soweit ich das mitbekommen habe, sind Scholarships nicht offiziell abgesegnet. Gegen die Lesart spricht aber, dass es im offiziellen Discord einen Channel #scholarship gibt, auf den die Mods verweisen, wenn jemand eines sucht. Und dem Studio ist völlig klar, wer mit wessen Axies spielt. Wären wir vor Gericht, würde ich sagen, das System wird nicht nur geduldet, sondern aktiv unterstützt (treibt ja auch die DAU hoch).

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    • Oh, und ein Nachtrag für dich als interessierten Beobachter der ganzen Szene: Was mir beim deep dive in die NFT-Welt auffällt: Man muss für ein spielbares Spiel wie „Axie Infinity“ schon echt echt dankbar sein. Die meisten NFT-Play2Earn-Quatschspiele sind einfach nur Wunschträume und (leere?) Versprechungen. Mein Lieblings-Youtuber, der das par excellance mit fast jedem Video belegt, ist ein Typ, der sich „your boy Cagy“ nennt: https://www.youtube.com/c/CAGYJAN/videos – In seinem Kommentarbereich wird ihm laufend (zu Recht) vorgeworfen, unfertigen Quatsch teil gesponsert zu „shillen“, also zu loben und zu promoten.

      Wenn man in die Projekte dann reinguckt, ist da quasi nichts außer einer weiteren sinnfreien Neben-Chain mit neuen Hilfs-Token, irgendwelchen mehr oder weniger bunt angemalten NFTs und einem Whitepaper, das jedem und allen $$$ verspricht. Die meisten „Tokenomics“ sind so kompliziert, dass man nach der Lektüre verwirrter ist als vorher. Im Gegensatz dazu ist Axie ein richtiges, weitgehend fertiges Spiel mit nem Team und Potenzial und dem Nachweis, zumindest historisch für viele Menschen Einkommen generiert zu haben.

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