Vorsorge als Verfügbarmachung (Resonanzreflexion)

„Es gibt zahlreiche Anhaltspunkte dafür, daß die moderne Gesellschaft ihre Zukunft tatsächlich in der Form eines gegenwärtigen Risikos perzipiert.“ (Niklas Luhmann: „Die Beschreibung der Zukunft. In: Beobachtungen der Moderne, 1992, S. 145)

Seit über 6 Jahren, seit dem Start von digital-danach.de, befasse ich mich mit Fragen der Vorsorge. Das fing als recht spezifisches Interesse am Thema digitaler Nachlass an: Was passiert mit meinen Daten, Werken, Aktivitäten und Kontakten, wenn ich einmal nicht mehr bin? Seitdem habe ich – privat, familiär, hauptberuflich und nebenberuflich – mit den verschiedensten Formen von Vorsorge zu tun gehabt:

  • finanzielle Vorsorge fürs Alter und für Notfälle, Stichwort: Investition;
  • rechtliche und medizinische Vorsorge für Notfälle, Stichwort: Patientenverfügung und Vollmachten;
  • rechtliche und „operative“ Vorsorge für den Todesfall, Stichworte: Testament (auch für den digitalen Nachlass).

(Darüber hinaus gibt es natürlich noch weitere Techniken der Vorsorge, beispielsweise die Gesundheitsvorsorge durch Ernährung, Sport und medizinische Vorsorgeuntersuchungen. Diese spielen in der weiteren Betrachtung aber nur eine Nebenrolle.)

Inzwischen nimmt das Thema weitaus weniger Raum in meinem Alltag ein als z.B. während unseres Vortrags- und Konferenzmarathons 2017 oder der Anfangsphase meines Jobs bei der DAHAG, wo ich mich mit diversen Generatoren für Vorsorgedokumente befasste. Aber ich komme doch immer wieder damit in Berührung – sei es wegen familiärer Vorsorgeprobleme, sei es wegen Presseanfragen oder Leserzuschriften bei digital-danach.de.

Diesen Blogpost will ich seit ungefähr einem halben Jahr schreiben, komme aber erst jetzt zwischen den Jahren dazu. Der aktuelle Anlass: Ein Leser von digital-danach.de fragte an, ob wir einen Provider kennen, der eine „Ewigkeitsgarantie“ für im Netz publizierte Inhalte anbietet. Soweit ich weiß, gibt es keinen; und auf eine solche Garantie würde ich mich ohnehin nicht verlassen, denn vor welchem Gericht soll wer in 900 Jahren diese Garantie einklagen? Nicht mal Staaten und Rechtsordnungen bestehen „für die Ewigkeit“. Meine Antwort zielte eher auf eine durchdachte Vorsorge als Lösungsweg ab (testamentarische Verfügung plus Vertrauensperson zur Umsetzung plus technische Hilfsmittel). Die Anfrage hat mir aber wieder ein generelles Problem im Umgang mit den letzten Dingen präsent gemacht, sodass ich mir dachte, ich schreibe mal meine Gedanken dazu auf. Ich übernehme keine Garantie für deren Kohärenz und freue mich über Kommentare und Anregungen.

Ob man ausreichend vorgesorgt hat, weiß man erst danach

Vorsorge ist fast schon ein metaphysisches Problem, und zwar in allen Belangen: Ob ich genug Geld fürs Alter zurückgelegt habe, weiß ich in zwei Fällen. Entweder ich gehe pleite; dann bin ich mir sicher, nicht ausreichend vorgesorgt zu haben. Oder: Ich bin tot und es hat gereicht. (In diesem Fall kann ich streng genommen nichts mehr wissen, also sagen wir: Wenn ich auf dem Sterbebett liege und es gereicht hat.)

Ob mein Testament Streit unter meinen Erbinnen und Erben verhindert hat, kann ich gleich gar nicht mehr wissen. Umso wichtiger ist es vielen, die wasserdichteste notarielle Vorsorge überhaupt zu bekommen (ohne eine Notarin zu bezahlen, aber das ist ein anderes Thema). Allgemeiner formuliert: Ob eine Versicherung greift, weiß ich erst im Schadensfall. Und die Schäden im Bereich der Notfall- und Todesvorsorge sind so gravierend, dass ich meist nichts mehr wissen kann. Das verschiebt das ganze Problemfeld Vorsorge aus der (scheinbar) einfachen, materiellen Sphäre von Geld und Recht in eine jenseitige Sphäre.

Allgemeiner gesagt: Das Problem „Zukunft“ verschiebt sich, an das vorangestellte Luhmann-Zitat anknüpfend, zu einer Fabrikation von Risiken aus Gefahren. Der Tod war immer schon eine (natürliche, externe) Gefahr; unser spezifisch modernes Streben ist es, daraus ein (künstliches, managbares, von Entscheidungen abhängiges und damit attribuierbares) Risiko zu machen – womit sich, bei „falscher“ Vorsorge, ein entstehendes Leid auf den Entscheidenden zurückführen lässt. (Und in allwissend-aufgeklärten Zeiten ist auch jede Nicht-Entscheidung eine Entscheidung! Wer sich für die Zukunft unserer Gegenwart interessiert, dem sei hier nebenbei Luhmanns „Soziologie des Risikos“ oder der eingangs zitierte Sammelband empfohlen.)

Die protestantische Ethik, die Max Weber untersuchte, stellt immerhin ein klares, jenseitiges Urteil in Aussicht: Wenn es dir im Leben gut ging, wirst du einen positiven Richtspruch auf der anderen Seite ernten. Dies war weniger eine reine Hoffnung als eine echte Glaubensgewissheit, die das Seelenheil durch weltlichen Erfolg versprach und nachwies. Nachdem wir an jenseitige Richtsprüche nicht mehr wirklich glauben, wird das Problemfeld komplizierter: Wir müssen akzeptieren, auf ewig im Ungewissen zu bleiben.

Daraus ergeben sich zwei Herangehensweisen:

  • Ich befasse mich einfach gar nicht mit dem Problem und verdränge es.
  • Ich befasse mich unendlich oft und unendlich lange mit dem Thema, ohne es jemals vollständig „lösen“ zu können, immer auf der Suche nach größeren Ewigkeitsversprechen.

Die Leseranfrage gehört in die zweite Kategorie. Mir stellt sich dabei unmittelbar die Frage: Woher kommt überhaupt die (Sehn-)Sucht nach Versicherungen – und warum könnte sie problematisch sein?

Vorsorge als Versuch der Verfügbarmachung von Unverfügbarem

Sich mit dem eigenen Tod und der eigenen Sterblichkeit zu befassen, ist nicht unbedingt angenehm. Es gibt ja sogar theoretische Auffassungen, nach denen die gesamte Kulturwelt des Menschen nur den Versuch darstellt, den eigenen Tod zu verdrängen. Kein Wunder, dass stets und überall versucht wird, den Tod zu bewältigen – und das eben auch schon vor dem Eintreten und bezogen auf das eigene Leben (und dessen Ende). Es ist natürlich kein Zufall, dass in der „Verfügung von Todes wegen“ oder der „Patientenverfügung“ die Verfügbarmachung immer schon mitgenannt wird.

Verfügbarmachung und Unverfügbarkeit: Eine kurze Skizze der Resonanztheorie

Der Begriff der „Verfügbarmachung“, wie ich ihn hier verstehe, entstammt der Resonanztheorie von Hartmut Rosa. Eine (relativ) zugängliche Einführung liefert der Band „Unverfügbarkeit“ (Residenz Verlag, 2020). Nur ganz knapp und reduktiv zusammengefasst:

  • Es gibt ein Spektrum der Qualität von Weltbeziehung. Am einen Ende steht eine leere, entfremdete Welterfahrung (wie bei einer Depression): Die Welt ist stumm, sie teilt sich nicht mit, und auch man selbst steht der Welt schweigend und ohne Einfluss gegenüber. Am anderen Ende ist die Welt „resonant“, sie spricht zu einem, und auch man selbst kann sich mitteilen und wird „gehört“.
  • Resonanz stellt damit die „Heilung“ eines gestörten Weltverhältnisses in Aussicht und erscheint deshalb attraktiv (die kritische Diskussion dieser Letztbegründung sprengt hier den Rahmen).
  • Achsen der Resonanz können andere Menschen, abstrakte Konzepte (Götter, die Natur, die Kunst) oder materielle Objekte (Werkstoffe, aber theoretisch auch Konsumgüter) sein.
  • Eines der Kernkriterien der resonanten Beziehung zu einem Anderen ist die Unverfügbarkeit sowohl dieses Anderen wie auch der Beziehung:
    • Ich kann die Resonanzbeziehung nicht erzwingen; Hartmut Rosa macht sogar recht überzeugend geltend, dass der Versuch, Resonanz zu erzwingen, diese unterbindet.
    • Ich darf aber auch das Andere nicht zwingen, etwa durch Gewalt oder vollständige Kontrolle, wenn ich in eine dialogisch-resonante Beziehung treten will.
  • Das liegt vor allem daran, dass eine resonante Beziehung nicht ohne die Stimme des anderen funktioniert: Es muss zu mir sprechen können, mir etwas zu sagen haben, daher muss es sich ein Stück weit entziehen. Ansonsten ist es nur ein Echo.
  • Weitere Kriterien der Resonanz sind die Selbstwirksamkeitserwartung, die Affizierung und die (doppelte) Transformation.
    • Gleichzeitig zur unverfügbaren Stimme des anderen muss auch ich meine eigene Stimme behalten. Das heißt, ich muss mit einer Erwartung von Selbstwirksamkeit die Beziehung ersuchen; wenn ich nicht erwarte, einen Einfluss auf das Andere und die Beziehung zu haben, stellt sich keine Resonanz ein.
    • Ich muss mich berühren, also affizieren lassen (das macht den emotionalen Kern der Resonanzbeziehung aus, diese darf aber nicht auf den Affekt reduziert werden).
    • Sowohl ich wie das Andere verwandeln sich durch die Beziehung, und zwar auf unvorhersehbare Weise.
  • Das kulturelle Programm unserer Gegenwart (der „Spätmoderne“) besteht nun aber vor allem darin, Dinge verfügbar zu machen, also unsere Kontrolle darüber möglichst zu maximieren. Hier drei willkürliche Beispiele aus verschiedenen Sphären:
    • Wir wollen gerade nicht, dass sich unser Körper entzieht, sondern wir wollen ihn laufend vermessen und bis hinunter zum Sauerstoffgehalt des Bluts oder zur Neurotransmitteraktivität im Gehirn möglichst alle Parameter kontrollieren. Der Körper soll verfügbar gemacht werden, vor allem durch Medizin, Datenerhebung und Technologie.
    • Wir wollen gerade nicht, dass Arbeitskräfte eine eigene Stimme entwickeln, sondern ihr Funktionieren sicherstellen (oder ihre je eigene Stimme höchstens gebündelt als abstrakten Betriebsrat hören, wenn es denn unbedingt sein muss). Die Arbeitskraft soll verfügbar sein, durchaus im wörtlichen Sinne, flexibel und jederzeit bereit.
    • Wir wollen aber auch Resonanzbeziehungen, die etwas in uns anrühren und uns verwandeln, kontrollieren: Wenn wir im Urlaub sind oder in einem Konzert, soll es plötzlich funken; die Familie oder der Arbeitsplatz sollen zuverlässig als Resonanzhäfen funktionieren.
  • Wir befinden uns also in der paradoxen Situation, dass wir zwar einerseits eine resonante Weltbeziehung anstreben, diese sich durch unsere Bemühungen aber immer weiter entfernt.

Das ambivalente Programm der Verfügbarmachung von Krankheit und Tod

Durch Vorsorgemaßnahmen versuchen wir, Krankheit, Alter, Sterben und sogar den Tod möglichst verfügbar zu machen. Sie versprechen die Verfügung über das „radikal Unverfügbare“.

Einerseits ist das natürlich gerechtfertigt: Medizinische Vorsorgeuntersuchungen haben ihren Sinn. Das eigene Leben aufs Spiel zu setzen, um der „Verfügbarmachung“ durch die Medizin zu entgehen, ist keine sonderlich valide Strategie. (Auch wenn sie von Seiten der „Alternativmedizin“ teilweise faktisch propagiert wird.) Das Hauptargument hiergegen ist aus meiner Sicht, dass ein kürzeres Leben auch weniger Chancen auf Resonanz bietet – und Krankheit zudem viel Leid mit sich bringen kann, das aus meiner Sicht meist eher resonanzhemmend wirken dürfte.

Auch Verantwortung für den eigenen späteren Nachlass zu übernehmen ist nicht verkehrt. Das berühmte „Berliner Testament“ wird ja meist empfohlen, um zu verhindern, dass eine Familienimmobilie nach Tod eines Ehepartners verkauft werden muss, um die Kinder auszubezahlen – wodurch der überlebende Ehepartner sein Heim verliert. Und natürlich dient eine Patientenverfügung dazu, Angehörigen leidvolle Entscheidungen abzunehmen.

Ich würde daher abstrakt behaupten, einige Verfügungen sind sinnvoll, nützlich und je nach Lebenssituation erforderlich, um anderen repulsive Erfahrungen zu ersparen (und das eigene Leid nicht in die Länge zu ziehen). Insgesamt begegnen mir aber regelmäßig privat wie beruflich Fälle, in denen die angestrebten Regelungen weit darüber hinausgehen. Der eingangs erwähnte Mailverkehr zählt dazu. Aber auch Bekannte, die jahrelang nach der richtigen testamentarischen Regelung suchen, damit es im Nachklapp nicht zu Streit und Problemen kommt. Das könnte man als erbauliches und interessantes Hobby sehen – ist es aber meistens nicht.

Relativ schnell wird die Suche nach der lückenlosen, unbedingt gerechten, unhintergehbaren (!) Verfügung zum verbissenen Eifer, zum Misstrauensprojekt oder gar zur Paranoia: Wie verhindere ich, dass die Erben gegen meine Auflagen verstoßen? Welches Berechnungsmodell sichert die größtmögliche Gerechtigkeit unter den Erben und Vermächtnisnehmern? Wie stelle ich sicher, dass mich die Testamentsvollstreckerin nicht posthum verrät?

In einem kurzen Abschnitt in „Unverfügbarkeit“ nimmt Hartmut Rosa dazu recht explizit Stellung:

Menschen, die versuchen, mittels des letzten Willens […] für alle Zu- und Wechselfälle des Lebens gerüstet zu sein […] machen sich und ihre nächsten in aller Regel nur unglücklich. (S. 96f)

Das scheint mir (anekdotisch) zutreffend: Je granularer die Auflagen und Regelungen, desto zuverlässiger gibt es Streit darüber. Und desto mehr Lebenszeit und -qualität rauben sich die Vorsorgenden. Aus dem Verantwortungs- und Verfügbarkeitsversprechen wird Verstrickung und Kontrollverlust. Oder hart ausgedrückt: Dass die Hinterbliebenen meiner wohlwollend gedenken, kann ich nicht testamentarisch erzwingen. Denn darum geht es ja wahrscheinlich oft: Man möchte vor allem den eigenen Nachruhm kontrollieren oder zumindest verhindern, als „der, der sich nicht gekümmert hat“ in Erinnerung zu bleiben.

Mein (vorläufiges) Fazit: Krankheit, Tod und Sterben sind immer Kontrollverluste, damit müssen wir leben

Anekdoten gibt es natürlich auch in die andere Richtung: So litt die Familie einer Freundin schwer darunter, dass der Vater kein ausreichendes Testament errichtet hatte und allen die komplizierten Familienverhältnisse auf die Füße fielen. Das Problem bleibt für mich ambivalent. Es ist schwer, ein „gesundes Maß“ an Vorsorge zu treffen. Einerseits will man seine Verantwortung für liebe Menschen nicht vernachlässigen. Andererseits führt besonders der Versuch, den Tod und das Posthume zu kontrollieren, oft in ein Paradox.

Das eigentliche Ziel – ein gutes Verhältnis zu den Erben und  liebevolles Gedenken – wird gerade von den Operationen der Verfügbarmachung torpediert. Das ist ein bisschen so, wie die Loyalität von Freunden erzwingen zu wollen: Je mehr man versucht, Freundschaft zu kontrollieren, desto wahrscheinlicher geht sie schief. Im Extremfall treibt man die Freunde dann genau in die Abwehrhaltung oder Repulsion, die man immer gefürchtet hat und verhindern wollte.

Abstrakter gesagt: Krankheit, Tod und Sterben sind Grenzbereiche des Lebens und als solche schwer bis nicht verfügbar. Sie sind durch Kontrollverlust gekennzeichnet, und daran wird sich voraussichtlich (zum Glück) auch nichts ändern. Trauerfälle im Umfeld und das eigene Sterben dürfen schmerzhaft sein, im wörtlichen wie im übertragenen Sinne. Das gehört zum Leben. Der Versuch, diese Bereiche zu beherrschen, bleibt immer ein zweischneidiges Schwert.

Ausblick: GoneBots, Unsterblichkeit und Smart Contracts

In technologischen Hypes drücken sich große Verheißungen der Verfügbarmachung aus. Dazu zähle ich erstens die Idee von „GoneBots“, also Maschinen, die Verstorbene imitieren. Das Thema wurde z.B. in einer Black Mirror-Episode eher dystopisch aufbereitet. Um 2016 herum gab es dazu aber auch einige Praxis-Experimente, ich hatte damals einige Links auf digital-danach.de zusammengestellt und auch einen Chatbot-Unternehmer interviewt. Die Toten auf diese Weise wiederauferstehen zu lassen birgt natürlich diverse Risiken, von psychischen Traumatisierungen bis hin zu Identitätsdiebstahl. Verlockend bleibt die doppelte Verfügbarmachung: Einerseits wird der Tod überwunden, weil mit Verstorbenen weiter „gesprochen“ werden kann, und zwar scheinbar inklusive deren „eigener Stimme“. Andererseits wird aber auch der unbedingte Eigenwille des anderen beherrscht, denn die Maschine lässt sich abdrehen, stumm schalten oder notfalls „therapieren“ (umprogrammieren), um den eigenen Bedürfnissen zu entsprechen. Frankensteins Monster wird intelligent – und ungefährlich.

Zweitens sehe ich hier die Idee der potenziell unendlichen Lebensverlängerung, der Abschaffung des Todes. Wer sich näher einlesen will, findet zahllose Ansatzpunkte in der Wikipedia. Prinzipiell sehen Verfechter einiger Theorien den Tod als eine überwindbare Krankheit, sodass einem ewigen Leben prinzipiell nichts im Wege steht. Was die Verfügbarmachung des Todes in der Praxis bedeuten würde, ist natürlich reine Spekulation (von einem manifesten Problem der Überbevölkerung mal abgesehen). Ob das Leben ohne Endlichkeit noch einen Wert hat, oder ob das Fehlen des Todes als soziales Regulativ (These: Ideen sterben erst mit ihren Trägern aus) und als Letztbezug des Lebens zu ganz neuen Problemen führt, ist schwer zu sagen. Das passende Bild aus dem Horrorfilm: Seelenlose Vampire, die keine eigenen „Resonanzachsen“ mehr ausbilden können und nur noch Stärke und Macht haben. Oder schlimmstenfalls: ein Planet untoter, unmotivierter Zombies.

Und drittens weckt auch die Idee der „smart contracts“, theoretisch unhintergehbarer, selbstauslösender „Verträge“, ganz neue Begehrlichkeiten der Vorsorgenden. Es braucht keine Testamentsvollstreckerin mehr und die Erben können gar nicht gegen Auflagen verstoßen, denn im Moment des Todes passiert algorithmisch genau das, was der oder die Vorsorgende bestimmt hat. Von der praktischen Machbarkeit und der Gesetzeskonformität abgesehen hieße das auch, dass die Verfügungen der Toten die Bedürfnisse und Anforderungen der Lebenden ausstechen. Das passende dystopische Bild: ein kafkaesker Alptraum, indem die oben erwähnte Selbstwirksamkeitserwartung ausgeschaltet wird: Mit dem Smart Contract kann ich nicht verhandeln.

Eine resonanzbasierte Vorsorgestrategie scheint mir deutlich weniger dystopisch als diese skizzierten Beispiele.

4 Gedanken zu „Vorsorge als Verfügbarmachung (Resonanzreflexion)“

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