Gesundheit ist nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts.
(Schopenhauer)
Am Montag stand wieder ein Test an: Negativ! Das heißt, es kann aus moralischer Perspektive wieder losgehen. Aber spielt auch die Kraft mit …? Insgesamt war dieses Covid zwar weniger unangenehm als die Erkrankung der ersten Semesterwoche, aber das heißt ja nicht, dass man sich nicht danach noch schonen sollte. Long Covid und so.
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Kontingenzen, Krankheiten, Kalamitäten
Das führte zu einer unangenehmen Entscheidungssituation: Dienstag fahren, das Uniprogramm mitnehmen (soweit es stattfindet, denn es wird schon wieder gestreikt) und mein Fußball-Referat halten? Oder schonen, erst Donnerstag zur (wegen Streiks verschobenen) MA-Vorstellung hinfahren und meinen Co-Referenten am Mittwoch im Stich lassen? Zumal das voraussichtlich mein letztes Referat in diesem Studium ist … Ich hasse solche Dilemmata. Als Arbeitnehmy ist das wesentlich einfacher: Naja, man ist halt krank. Als Selbstständiges oder Study ist man wesentlich „involvierter“, jedenfalls fühlt sich das für mich so an.
Am Ende fiel die Entscheidung, nicht zu fahren. Das war, denke ich, auch sehr sinnvoll in gesundheitlicher Hinsicht. Und dann kam die GdL-Streikankündigung.
Die Angst des Pendlers vorm Bahnstreik
Dieses dritte (und letzte Präsenz-) Semester gestaltet sich von Anfang an irgendwie sehr holprig: Krankheiten, Uni-Streiks, Bahn-Streiks, Bahn-Streckensperrungen, Baustellen in Jena. Auch meine Donnerstags-Fahrten waren von Verspätungen und die Heimfahrt vom erneuten GdL-Streik betroffen.
Was gleich ein gutes Emotionsthema ist: Mir machen Unwägbarkeiten und Unplanbares Angst; das drohte nach Bekanntwerden des Streiks am Mittwochabend (danke, GdL, dass es so schön kurzfristig ist!) auch die MA-Vorstellung zu überschatten. Aus einer latent anstrengenden Vortragsreise mit zwei Bahnfahrten an einem Tag wurde plötzlich das reale Risiko, irgendwo zu stranden und bis Samstag nicht mehr wegzukommen. Aber was daran macht eigentlich Angst, Wut, Verzweiflung? Ich glaube, es sind zwei Sachverhalte:
- Entscheidungen: Man kann es an allen Ecken und Enden nur falsch machen; ich könnte versuchen, eine Verbindung über Saalfeld statt über Erfurt zu nehmen, aber das birgt das Risiko, dort zu stranden — im wirklichen Nirgendwo. Ich könnte versuchen, von Erfurt abzufahren — und notfalls ein Hotel zu nehmen und einen Erfurt-Trip einzuschieben. Oder ich fahre direkt nach Zwätzen. Hat alles (Opportunitäts-)Kosten und Risiken. Das gilt ja quasi immer, aber …
- Hilfslosigkeit: Man ist mit seinen eigenen Entscheidungen abhängig von Entscheidungen, die Dritte treffen (etwa: einen Streik zu verkünden). Deren Entscheidungen hat man nicht nur nicht in der Hand, sie sind auch vollkommen unpersönliche Funktionssystem-Entscheidungen (Wirtschaftssystem, ggf. Protestsystem). Und sie werfen einen auf eine Symbiose zurück, nämlich die (in letzter Instanz körperlichen) Bedürfnisse, die am Geldmedium der Wirtschaft hängen, ohne, dass man sie mit einer angemessenen Menge Geld noch wirksam befriedigen könnte (Shelter, Unterkunft).
Emotional wird das nun, weil man zwar einsehen kann, dass es nun mal unplanbares Chaos („Kontingenz“) bedeutet, an diesem Tag Bahn zu fahren; damit aber kann man auf zweifache Weise umgehen: 1) Man nutzt die Lernchance und passt die Erwartung an; akzeptiert, dass man nicht weiß, wie die Sache laufen wird. 2) Man hält an besagter Erwartung fest — sie wird quasi, wie Dirk Baecker sagt, zum Anspruch amplifiziert. (Wir hatten das schon mal beim Thema Misogynie im Comicladen.) Dabei entstehen dann starke Emotionen.
Diese Theorie übersieht aber m.E., dass die Schemata, nach denen man dann reagiert, die „Formen“ im Medium der Gefühle, sozial sind. Sowohl die Erwartungen als auch die Strukturen des Umgangs mit ihrer Enttäuschung sind kommunikativ geformt. Jedenfalls: Ich habe schlecht geschlafen.
Wie ging es aus?
Nach der MA-Themenvorstellung machte ich mich mit einem Kommilitonen auf Richtung Westbahnhof und damit Erfurt — auf gut Glück. Und tatsächlich fielen zwar einige Verbindungen aus, aber um 19.32 startete ein ICE Richtung München (wie man dem herzlichen „Grüß Gott!“ der Zugbegleiterin entnehmen konnte), mit streikbedingt geänderter Streckenführung, die für mich aber ohne Konsequenzen blieb. Und er hielt pünktlich 20.52 in Nürnberg. Der erste pünktliche Zug seit Längerem — vermutlich, weil die Strecken schon leer waren.
Nochmal gut gegangen. Und so schaffe ich es dann auch zur Weihnachtsfeier meiner geliebten Firma.
Warum nur so wenig remote …?
Schade, so macht das mit dem Studieren dieses Semester wenig Spaß. Und leider gibt es an der Uni keine Alternativen, die sich remote oder hybrid nutzen lassen (was gegen Krankheit und logistische Schwierigkeiten hülfe). Dass die Vorstellung in persona stattfand, war aber insgesamt schon schön.
Jan Plamper gestorben
Der Historiker Jan Plamper, der u.a. auch viel zur Emotionsgeschichte gemacht hat (Angst in Kriegen etc.), ist leider gestorben. Im Juni war er noch per Zoom Fern-Gast in unserem Seminar zur Emotionsgeschichte. Dabei erwähnte er, dass er eine Krebs-Diagnose bekommen hätte und nun sehen müsse, wie es mit bestimmten Projekten weitergeht. Leider geht es nun gar nicht mehr weiter.
Ich wollte ihm eigentlich noch eine kurze Mail mit einigen Rückfragen zu Diskutiertem schicken, der Task schwirrt noch durch mein Thunderbird. Den kann ich nun also einfach löschen. Sehr traurig. Demgegenüber verblassen dann auch die o.g. Problemchen.
Es gibt ein paar Tweets (Beispiel) und einen Nachruf in der Jüdischen Allgemeinen.
Foxit PDF Reader unbrauchbar geworden?
Ich habe bislang aus Faulheit einfach Foxit benutzt. Konnte alles, was ich wollte, und alles andere war mir egal. Nun stellte ich am Wochenende fest: Ich kann keine Bookmarks mehr anlegen. Ungläubig googlete ich — nichts. Auf der Foxit-Website dann die Erhellung durch den Chatbot:
I apologize for the inconvenience. In the latest version of Foxit PDF Reader (v2023.3), the bookmark functionality has been removed. This is due to a strategic adjustment in our product offerings, where certain features have been removed to focus more on browsing capabilities. If you require bookmark functionality, I recommend trying our Foxit PDF Editor product, which still provides this feature. You can download Foxit PDF Editor from our Download Center.
Das heißt, ich soll, um weiterhin die gewohnte Funktionalität nutzen zu können, ab sofort bezahlen? F… you. Mich nervt schon lange, dass die ihre Software mit jedem der dauernden Updates um mehr „KI-Funktionalität“ erweitern, das Suchfeld völlig unnutzbar aus-fenstern und andere Dinge ändern, die ich nun wirklich nicht will.
Ich habe erstmal gedowngradet (eine „schlankere“ alte Version, 12.1.0., gab es noch hier vom Originalserver). Auf lange Sicht vielleicht wieder auf Sumatra zurückwechseln? Aber das hat auch keine Bookmark-Funktion. Vielleicht nehme ich Sumatra zum Lesen und markieren, im „File“-Menü kann man „Open with Foxit“ wählen und dann sowas wie Bookmarks und Signaturen dort erledigen …? Kennt jemand was Besseres (idealerweise nicht-proprietär)?
Uni
Naja. „Uni“ habe ich im eigentlichen Sinne ja nicht besucht. Aber ich habe meine MA-Idee vorgestellt …
MA vorstellen
Donnerstag, 16 Uhr, irgendwo in Jena. Es waren 9 Leute da, und viele hatten auch Feedback, Ideen und Rückfragen. Ich wurde auf eine gute Weise verunsichert. Was mir vorher klar war: Die systemtheoretische Nomenklatur stand der Diskussion hier und da im Wege, da man doch immer weiter ausholen musste, um Irritationen wieder zu beseitigen; ob ich gute Werbung für Luhmann gemacht habe, müssen andere beurteilen. Ich hoffe, in den kommenden Tagen mal dazu zu kommen, meine Gedanken weiter zu strukturieren und dann auch hier einen erneuten Abriss über Umfang und Theorie vorlegen zu können.
Hier eine entschlackte und rezipierbarere Fassung meiner „Verortung“ des symbiotischen Mediums „Gefühle“:
MA anmelden
Die Anmeldung zur Masterarbeit passiert per Ticket über den Servicedesk des Prüfungsamts (ASPA). Also keine Ämter-Rennerei, sondern Scans hochladen. Umso besser! Aber einige Unterlagen braucht’s:
- das PDF des Zulassungsbescheids, den ich Mitte 2022 zugeschickt bekommen hatte,
- ein PDF meines Abiturzeugnisses wegen der Sprachkenntnisse (Ich hätte ja nie gedacht, dass ich das Zeugnis nochmal brauche — aber an der Uni musste ich es nun schon 3 Mal „vorzeigen“ …),
- eine aktuelle Studienbescheinigung (wieso eigentlich?) und, ganz wichtig:
- das „Anmeldung zur Masterarbeit“-Formular des ASPA incl. Unterschriften der Betreuenden.
Und damit ist alles beisammen — das ging nun ans ASPA, damit ich zum 15.12. angemeldet bin. Milestone!
Fußball: Ich lasse meinen Referatspartner im Stich
Da ich doch erst Donnerstag fahre, lasse ich meinen Referatspartner im Stich. Das tut mir echt leid — und ich hätte auch gerne im Seminar über die Rolle der Medien bei der Vermittlung von Lokalität/Globalität und Nationalität im Sport diskutiert. Ich weiß gar nicht, ob ich nun die Studienleistung für das Seminar erbracht habe, aber das ist auch egal, ich habe ja eh ein Seminar mehr als nötig.
Nächste Woche geht es um ein sehr spezielles Thema: um Video-Unterstützung für Schiedsrichter.
K&Ü: Nochmal ein paar Gedanken zur Gabe …
Vielleicht geht es bei der Gabe ja einfach nur um Zeitstrukturierung, vulgo: Langeweile und deren Abhilfe. Warum treffen wir uns mittwochs zum Seminar? Klar, das ist auch komplexitätsreduzierend und macht es wahrscheinlich, dass jemand da ist, der auch den Text gelesen hat; aber es stellt auch sicher, dass mittwochs etwas passiert. Warum gehen Leute jeden Sonntag in die Kirche oder zum Fußballplatz? Klar, damit drückt man sich vielleicht vor unangenehmerem, aber es strukturiert auch die Woche. Warum feiern wir jedes Jahr Weihnachten? Klar, man vertreibt ein bisschen Dunkelheit und Kälte und erholt sich von dem Stress, den man ohne Weihnachts-Marketingprojekte und Geschenkekaufen nicht gehabt hätte; aber durch Weihnachten kann man sich auf jeden Fall sicher sein, dass es im Dezember einen Familienstreit gibt. Oder anders: Gabe, Kredit, Geld gibt es, damit etwas passiert …?
Nächste Woche dann: Foucault.
S&G
Für die nächste Woche steht Bourdieu an, „die Ökonomie des sprachlichen Tauschs“. Da geht es um legitime Sprache, normiert Hochsprache, die Universalität von Sprachen der Wissenschaft und der Religion. Und auch um Lyrik und Gefühle, aber nur an einem sehr randständigen Rand.
Nächste Woche? Und dann?
Nächste Woche ist Großbaustelle an der Strecke. Daher pausiere ich wohl nochmal, insbesondere unter dem Eindruck der Fahrerei dieser Woche. Im neuen Jahr erwartet mich dann ggf. ein unbefristeter Bahnstreik. Alles eher suboptimal. Siehe oben.
Fazit?
Einige Erfolgserlebnisse, neben der aus meiner Sicht erfolgreichen Vorstellung der MA auch eine sehr gute Note für die Emotionsgeschichte-Hausarbeit über den Briefwechsel meiner Großeltern. Andererseits diverse logistische und gesundheitliche Frustrationen. Trotzdem bleibt ein gutes Gefühl.
Beitragsbild: Der Nürnberger Bahnhof hat nun einen Warte-Pavillion. Leider ist der zugeschlossen, sodass Nürnberg nur optisch schöner wartet.
Blöde Frage, aber hat du Mal Adobe Acrobat probiert …?
Ja, kann auch viel, aber wenn dann mal die Pro-Lizenz der Uni ausläuft und/oder Adobe etwas ändert, nervt das ja auch … :/
Ich lese viel Gutes über Utopia Docs, aber die Website scheint inzwischen irgend eine ostasiatische Content-Farm und es gibt kein aktuellen Releases. Irgendwie echt schwierig …
Auch wir haben das Gefühl, dass dein zweites Studienjahr etwas stottert.
Aber das kann ja nur besser werden. Glückwunsch zur guten Note und zur Anmeldung der Masterarbeit!
Besten Dank 🙂