SS23/W04: Ein Käfer, ein Brief – und was ist eigentlich Religion?

„Im Erziehungssystem muß die Kontingenzformel Lernziele vorgeben – sei es in der Form eines an Inhalte gebundenen Bildungskanons, sei es in der Form des Lernens von Lernfähigkeit; und dabei muß ausgeschlossen werden oder ungenannt bleiben, daß man in der Schule auch anderes lernt, zum Beispiel Gewöhnung an Stumpfsinn oder: daß es im Leben mehr auf Täuschung als auf Fleiß ankommt.“
(Luhmann, Die Religion der Gesellschaft. H.v. DS.)

Übers Wochenende blieb ich in Jena und bekam Besuch – traumhafte Sonnenstunden in Zwätzen und Umgebung. Die Umgebung hatte auch mir unbekannte Fauna zu bieten:

Ein Ölkäfer (danke Sabrina für die Hilfe bei der Bestimmung!)

Wie Nordbayern in einem ausnahmsweise sogar mittelprächtigen und partiell recherchierten Artikel schreibt, ist der Käfer übrigens giftig.

Kommt ein Mensch mit dem Gift in Berührung, reizt dies die Haut, zudem bilden sich Rötungen und Blasen. Aber dabei bleibt es meist nicht. […] So erklärte [ein Giftinformationszentrum] bereits öffentlich, dass es „im Magen-Darm-Trakt zur Schädigung der Schleimhaut kommen kann, die mit Speichelfluss, Durstgefühl, Schluckbeschwerden, Übelkeit, Erbrechen und Krämpfen“ einhergehen könnte. Eine echte Horror-Liste also.

Bestimmt fragt sich der Ölkäfer, warum ein Gift-Info-Zentrum etwas nichtöffentlich erklären sollte. Nunja.

Was ist Religion?

Mal wieder eine „Was ist …?“-Frage, auf die es also vermutlich keine richtigen und falschen Antworten gibt. Heute: Was ist Religion? Oder auch anders: Was verstehst du unter Religion?

Ich sammle gerade für ein Seminar Religions-Definitionen (nächste oder übernächste Woche mehr!) und würde mich freuen, wenn ihr mir in den Kommentaren eure erste Intuition da lasst, was ihr unter Religion versteht. (Ihr müsst das nicht so elaboriert aufziehen wie Durkheim, der hat sich damit eh nur posthume Vorwürfe von Adorno eingehandelt.)

Update 3.5.: Hier die Ergebnisse.

Uni

Leider fiel diese Woche einiges aus; spannend war es dennoch:

Eigenes Haus

Vierte Vorlesungswoche und nur noch 5 Teilnehmys. Uff. Und die letzten 10 Minuten des Seminars fielen einem Feueralarm zum Opfer (ich hoffe, dass es nur ein Probealarm war). Inhaltlich sahen wir uns mit Bourdieu den „Geschmack“ an, den Menschen bzgl. ihrer Wohnverhältnisse (Eigentum/Miete) und auch ihrer Wohnform (Haus/Wohnung, urban/suburban/ländlich, gemeinschaftlich/privat) an den Tag legen. Highlight waren wieder die Interview-Schnipsel und sonstige Erkenntnisse des Forschungsprojekts. Dabei haben die jüngeren Kohorten offenbar weiterhin eine prinzipielle Eigentums-Präferenz, die kann man fast als gesellschaftsweit dominant voraussetzen. Aber die Jüngeren bezieht sich oft eher auf tiny houses, Gemeinschaftsprojekte etc. (So besonders sind wir mit solchen Ideen also leider nicht …)

Erkenntnis aus der Diskussion: Auch aus Eigentum, das den Menschen nicht gefällt – das Haus war baulich oder in Sachen Ausstattung ein schlechter Kompromiss, die Nachbarn sind die Hölle etc. –, resultiert nicht, dass sich die Leute lieber flexiblere Verhältnisse (i.e. Miete) wünschen, sondern einfach ein anderes Eigentum. Auf reddit z.B. beobachte ich aber einen klaren Überhang der „Mieten ist besser“-Fraktion bei Finanzdiskussionen; d.h., wenn man Eigentum präferiert, geht es häufig nicht um ein gutes Investment, sondern um andere Faktoren? Fragen über Fragen.

Nächste Woche fällt das Seminar wegen des 1. Mai schon wieder aus.

E&G

Apropos Ausfälle: Eigentlich sollte die „soziale Konstruktion von Geschlecht“-Sitzung von „E&G“, die vor 2 Wochen entfiel, ja am Montag nachgeholt werden. Stattdessen fällt das Seminar leider komplett aus in dieser Woche. Die soziale Konstruktion fliegt damit aus dem Seminarplan, und das dieswöchige Thema – Gender Pay Gap – wird nächste Woche nachgeholt, eine weitere Woche später gibt es dann eine Doppelsitzung ab 8 Uhr (!) zu Vermögens- und Einkommensverteilung innerhalb von Paaren. Mal sehen, wie viele Leute da kommen …

Emotionsgeschichte

Es ging vor allem um das Konzept der „emotional communities“. Mir fehlt an dieser Idee, so attraktiv ich sie finde, so ein bisschen der Blick für große Strukturen. Kurz gesagt sind emotional communities

[…] precisely the same as social communities – families, neighborhoods, parliaments, guilds, monasteries, parish church memberships – but the researcher looking at them seeks above all to uncover systems of feeling: what these communities (and the individuals within them) define and assess as valuable or harmful to them; the evaluations that they make about others‘ emotions; the nature of the affective bonds between people that they recognize; and the modes of emotional expression that they expect, encourage, tolerate, and deplore. (Barbara Rosenwein, „Worrying about emotions in history“)

Oder noch kürzer: „Personengruppen, die von gemeinsamen oder ähnlichen Interessen, Werten, Emotionsstilen und Emotionsbewertungen zusammengehalten werden“. Man kann sich also eine Schulklasse, ein Kloster, eine Schiffsbesatzung oder einen Querdenker-Telegram-Channel (gibt’s die noch?) angucken und die Emotionen darin analysieren. Spannender wäre aber ja, sich anzugucken, worin die unwahrscheinlichen emotionologischen Gemeinsamkeiten verschiedener Schulklassen, Piratenverbände und Verschwörungstheoretys liegen … und ob das nicht auf zugrundeliegende gesellschaftliche Strukturen schließen lässt. Aber das mag mein Soziologyblick sein, der mit „intentional“ „handelnden“ „Subjekten“ stets ein wenig fremdelt.

Für die nächste Woche steht ein sehr spannendes Übersichts-Interview auf dem Programm: Die Koryphäe Jan Plamper interviewt die anderen Koryphäen William Reddy, Barbara Rosenwein und Peter Stearns. Das Interview gibt es online, falls sich jemand näher für Themen und Konflikte des Faches interessiert. (Ja, das ist eine Pflichtlektüre für dich, Vince.)

Ein Brief

Ich hatte ja neulich gebloggt, dass ich alte Liebesbriefe meiner (schon 1989 und 2020 vestorbenen) Großeltern gelesen habe. Vielleicht komme ich dazu, diese nach und nach ein wenig zu digitalisieren. Falls es ein gesteigertes Interesse unter den Lesenden hier gibt, könnte ich dann ggf. ein bisschen was veröffentlichen.

Hier eine Kostprobe; meine Großmutter an meinen Großvater, 1953. Mein Opa weilte gerade in Spanien auf der Suche nach Arbeit, meine Oma war schwanger in Berlin und verkaufte Autoversicherungen an Amis. Mein Opa wohnte bei seinem Bruder und war sich nicht ganz sicher, was er daher für Kost und Logis schuldig sein würde … das ist denn auch der Ausgangspunkt für diesen kleinen fernkommunikativen Ausbruch (Emotionen!):

Besonders hübsch finde ich den Satz: „Entweder es ist eine Ehegemeinschaft oder ein Ehejoch.“ Sehr emanzipiert für die 50er. Für eine eventuelle Arbeit mit den Briefen als Grundlage könnte man z.B. dieses weibliche Selbstverständnis (geprägt von der gestärkten Rolle der Frau während des Krieges und kurz danach) und die damit schon konfligierenden, wieder erstarkenden konservativen Geschlechterrollen analysieren. Ich muss mal mit den Professorinnen reden, ob sie sich das als Hausarbeit vorstellen könnten; das wäre zwar vermutlich mehr Arbeit als nötig, aber sehr spannend.

Auch darüber hinaus belegen die Briefe viel über Geld und Sorgen in der frühen BRD, Familienverhältnisse, Träume und Hoffnungen von Auswandernden, Politik, Selbstverständnis der aufstrebenden unteren Mittelschicht. Und natürlich jede Menge über die Liebessemantik, je ein Drittel jedes Briefes bezieht sich direkt auf den anderen oder die andere und die gemeinsame Beziehung.

Affektiver Kapitalismus

„In der Arbeit mit Menschen ist das Produkt eine psychische Verfassung.“

Wir diskutierten Hochschild, und endlich ging es mal (freilich ohne Lösung) um die Frage, ob und was denn „authentische Emotionen“ sind, ob das eine handelbare Ware, eine bestimmte Inszenierung, eine Selbst- oder Fremdzuschreibung, etwas Biologisches oder ein Bestandteil des „Subjekts“ ist. Klar ist, dass es irgendwie eine „emotionale Dissonanz“, eine Diskrepanz zwischen Dargestelltem und Erlebtem geben muss, also eine Zumutung ans psychische System (?), wenn man sich gezwungen fühlt, zu inszenieren, was man gar nicht inszenieren will. Es gibt also erzwungenere und freiwilligere Darstellungen.

Nächste Woche: Rastetter über Emotionsarbeit am Beispiel des Versicherungsverkäufers, der sich als „ehrlicher Makler“ (meine Worte) gerieren muss, um zu verkaufen. Dabei rückt eine Erschöpfung bis zum Burnout auf der „Kostenseite“ in den Fokus, die letztlich (auch) das Unternehmen zu bezahlen hat. Von der Kostenseite der Kundinnen und Kunden redet man aber komischerweise nicht … was vielleicht an der Publikation im Kontext von Manegementberatung liegen mag.

Aus Erfahrung würde ich übrigens sagen, dass Maklerys, AO-Vertretys und Co. durchaus von ihren Produkten weitgehend ehrlich überzeugt sind, auch wenn sie im Vergleich mit Direktversicherungen (oder gar keiner Versicherung) schlecht abschneiden. Ausnahme sind vermutlich Strukturvertriebe; anlässlich dieses Textes musste ich mir Böhmermanns Beitrag über die Deutsche Vermögensverwaltung DVAG nochmal angucken.

Ideengeschichte

Ich habe gelernt: Wer redet, ohne zu wissen, ist nicht weise; wer nicht redet, obwohl er etwas weiß, ist unloyal. Ein unloyaler Untertan muss ebenso sterben wie jemand, dessen Worte nicht zutreffen. (Han Feizi, Volltext)

Das ist der einleitende Satz des Grundlagenwerks des chinesischen Legalismus. Ich mag es, wenn Texte gleich in medias res gehen.

Lektürekreis

Wir waren nur zu neunt, um Annie Ernaux‘ „Die Jahre“ zu diskutieren. Das lag einerseits an einer parallel stattfindenden präliminarischen Sitzung eines beliebten Blockseminars, andererseits vielleicht auch an einer Vortragsreihe „Missachtete Stimmen. Kritik des soziologischen Kanons“:

Leider finde ich dazu nichts online. Und hingehen kann ich vermutlich nie, denn wenn ich in Jena bin, gehen Lektürekreis oder Kolloquium vor.

Diskutiert wurde bzgl. Ernaux unter anderem, inwieweit ihre Kenntnis soziologischer Theorien und Konzepte die Darstellungen im Buch geprägt haben. (Bei erneuter Lektüre fällt mir das z.B. bei einer Stelle auf, die man als Exemplifikation des Habitus und seiner Körperbindung lesen kann.) Mit mehr Leuten wird das sicherlich noch spannender.

Reification und Deskilling: Queeres und ChatGPT

[Wer sich nicht poststrukturalistisch-neomarxistisch verwirren lassen will, lese nun bitte nicht weiter und beantworte einfach meine Frage, was denn Religion sei!]

Schon letzten Freitag fand die erste vorbereitende Sitzung des Seminars „Kapitalismus, Geschlecht, Begehren“ statt, in dem wir uns dem Konzept des Begehrens aus queerer Perspektive zuwenden. Meine Aufgabe zusammen mit zwei Kommilitoninnen: Expertys für einige Abschnitte aus „The Reification of Desire“ (2009) von Kevin Floyd (gestorben 2019) werden. Wenn ich die Grundthese richtig verstanden habe (und das hoffe ich), dann wurde die Idee eines eigenständigen „Begehrens“ als Trieb (Freud), Kraft, Objekt (u.a. der Wissenschaft), eben als Ding, im 19. Jahrhundert geboren und v.a. durch die Beicht-Technologie Psychoanalyse bis hin zu Lacan verfestigt.

Damit geht ein Verlust für den männlichen Körper einher, der vorher aktiv „begehrt“ hat, Begehren also eine Tätigkeit eines Subjekts war – und nun wird das Begehren und damit diese Potenz aus ihm herausgelöst, plötzlich kann es auch für Frauen ein Konzept sein. Aber: Begehren wird zu Mann-und-Frau-begehren sich; Schwule sind dann weiblich, Lesben männlich („Inversion“). Das Gegenbild: same-gender-Begehren wird überhöht (Maskulinitätsfetisch und -ästhetik der Schwulen-Magazine, „Separatism“).

Begehren bekommt eine (in der klassischen marxistischen Verdinglichungs-Theorie ausgedrückt) Eigengesetzlichkeit, es wird zum Subjekt. Und die Subjekte werden zu Objekten des Begehrens. Aus einem sozialen wird ein Ding-Verhältnis und die Dinge werden sozial.

Geschlechterperformanz und Lesbarkeiten

Daraus resultieren dann neue Dichotomien, etwa masculinity|femininity statt manhood|immaturity. Und es führt zur Performance der Geschlechter, die – wiederum: wenn ich das richtig verstehe – vor allem darin besteht, dass Männer das Begehren von Männern als Unmöglichkeit abweisen und sich mit dem identifizieren, was sie nicht begehren dürfen. Diese „melancholic (dis)identification with other men“ ist die eigentliche Performanz dieses Geschlechts.

Schon verwirrt? Leider muss man in diesem Buch die Stellen suchen, an denen „etwas“ gesagt wird (und nicht nur: „X hat am Konzept von Y falsch verstanden, was aber A an B richtig verstanden hat; also, wenn wir X dialektisch mit B lesen, dann wird es richtig – aber ich sag jetzt nicht, was das ist und bedeutet.“) Was mir richtig zu sein scheint an diesen Ansätzen ist, dass die Definition von Abstraktem (Wut, Geschlecht, Begehren, Gesellschaft) mächtig und intransparent ist, mächtig weil intransparent. Wenn ich jemandem ekläre, er sei „wütend“, stülpe ich ihm eine weitreichende Definition über und reproduziere die Performation von Wut; dasselbe gilt für „männlich“. Es ist interessant, auf diese Hypostasierungen aufmerksam zu machen und sich zu überlegen, wozu sie führen. Aber ob man diese langen Umwege einer psychoanalytisch-dekonstruktivistischen Analyse braucht …? Und ob man vieles davon nicht auch klar sagen könnte?

Deskilling und das Sprachmodell

Woher kommt die Verdinglichung? Z.B. aus den Fabriken, wo die Arbeit „deskilled“, dequalifiziert wird, und der vorher notwendige Skill nun als Wissen im Unternehmen gespeichert, also verdinglicht wird. So etwas beobachten wir ja gerade in Sachen Kreativität, etwa mit generierten Texten und Bildern. Dazu passend ein Artikel aus dem Jacobin, der ChatGPT marxistisch deutet (H. v. DS):

[GPTs] may supplant low-level tasks in both writing and coding, and could lead to a mass cognitive deskilling, just as the industrial factory disaggregated and immiserated physical labor. […] Automation is always partial, of course, but reassigning some labor tasks to machines is a constant of capitalism. When those tasks are cognitive ones, the machine threatens to blur the crucial social boundaries between labor and management and labor and “free time,” among others.

Die Frage ist nun, was hier verdinglicht wird: Sprache? Kreativität? Kognition? Die kommunikative Funktion des Verstehens (also der Anschlusssuche durch die Unterscheidung von Information und Mitteilung, die auf beiden Seiten der Unterscheidung ansetzen kann)? Und: Ist Prompt-Füttern „deskilled“ gegenüber Text schreiben?

„What GPT systems spit out is language, but averaged out around a selected center of words.“ – das reproduziert die Ideologie der Gesellschaft; aber machen wir alltagssprechend normalerweise eigentlich etwas anderes …? Der Jacobin-Autor Leif Weatherby kommt jedenfalls zu einer tendenziell Chancen witternden Einschätzung:

When we write with strong constraints on what we’re able to say, we tend to average out the choices of words and sentences too. We call this type of language “ideology,” and GPT systems are the first quantitative means by which we have ever been able to surface and examine that ideology.

Ich hoffe, nun haben alle Mitlesenden etwas zum mental drauf rumkauen – oder ein paar gute Fragen an ChatGPT.


Beitragsbild: Auch tegut will beliefert werden.

15 Gedanken zu „SS23/W04: Ein Käfer, ein Brief – und was ist eigentlich Religion?“

  1. Religion ist etwas, das polarisiert, das in heutigen aufgeklärten Kreisen anachronistisch wirkt und kritisch bis despektierlich betrachtet wird. Sich heute in einem säkularisierten Umfeld als religiös zu bekennen, gleicht einem Outing, das z. B. Unverständnis, Skepsis oder Spott evozieren kann. Religion bietet einen geschützten Rahmen für Spiritualität und ist ein Mysterium.

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  2. Religion bedeutet für mich erstmal funktional ein System zur Ausschaltung von Kontingenz. In diesem Sinne würde Ich auch meinen, dass Religion zu wissenschaftlichen und Alltagstheorien noch religiöse Sätze hinzufügt und damit Erklärungen für Phänomene liefert, die weder Wissenschaft noch alltägliches Wissen erklären können. Sie ist außerdem eine Institution, reduziert Komplexität und Anschlussfähigkeit, ist privat und öffentlich zugleich. Sie ist noch immer präsenter als man denkt, nur scheint Religiösität tatsächlich ein Stigma anzuhängen.
    Zuletzt ist Religion etwas, womit sich vermutlich alle Menschen wie auch immer früher oder später auseinandersetzen. Von Harald Lesch habe ich den witzigen Gedanken: ‚Frag mal in einem abstürzenden Flugzeug nach Atheismus‘.

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  3. Religion ist für mich ein potenziell sinnstiftendes Glaubensmodell, das auf nicht beweisbaren Annahmen beruht. Die Religion bietet den Menschen Erklärungen, wo die Wissenschaft keine hat. Dadurch gibt sie den Menschen Sicherheit und Handlungsoptionen (beten, opfern etc.), um sich weniger machtlos zu fühlen. Sie gibt Orientierung im Leben und versucht die Angst vor dem Tod zu nehmen. Sie schafft außerdem ein Zugehörigkeitsgefühl für Ihre Mitglieder, das z.B. durch gemeinsame Rituale verstärkt wird und Einsamkeit lindern kann.

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  4. Ich bin heute wenig originell und zitiere Marx: „Die Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüt einer herzlosen Welt, wie sie der Geist geistloser Zustände ist. Sie ist das Opium des Volkes“

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    • Vielen Dank, das musste ja kommen 😀 Ich mag den ganzen Abschnitt: „Der Mensch macht die Religion, die Religion macht nicht den Menschen. Und zwar ist die Religion das Selbstbewusstsein und das Selbstgefühl des Menschen, der sich selbst entweder noch nicht erworben, oder schon wieder verloren hat. […] Das religiöse Elend ist in einem der Ausdruck des wirklichen Elendes und in einem die Protestation gegen das wirkliche Elend. Die Religion ist der Seufzer …“

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      • Ich möchte gerne eine Gegenposition zu Marx einnehmen und hole mir dafür Dostojewskij an die Seite. Die Religion MACHT den Menschen. Sie bewahrt ihn davor, die Fähigkeit zur Reue zu verlieren, so wie sie ihn auch davor bewahrt, seine Erlösung (hier im christlichen Sinne) durch andere „Endziele“ zu ersetzen. Die Geschichte hat den Beweis erbracht. Die Religion ist nicht der Seufzer, sondern das stille Leuchten im Innern des Geheilten.

  5. Ich habe Religion für mich bisher nur aus der Außenperspektive beobachten können und es erscheint mir einerseits eine Möglichkeit, sich einer Gemeinschaft zugehörig zu fühlen und andererseits dient es Vereinfachung der Existenz in einer komplexen Welt.

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  6. Religion ist…

    …der äußere Rahmen für gelebte Wertvorstellungen. Wo versucht man sonst Werte wie Nächstenliebe und Respekt im Alltag BEWUSST zu leben/praktizieren/ zu üben?

    …identitätsstiftend. Auch wenn ich inzwischen ausgetreten bin, ist es ein großer Teil meines Ich – Was auch immer das Ich sein mag.

    . . . etwas sehr persönliches.

    …irrational. Auch irrationale Glaubenssätze finden hier Berechtigung und dürfen sein. (Der Hl. Antonius hilft mir immer, wenn ich Sachen verlege. Hat inzwischen bei meiner Ma und einer Freundin auch schon geholfen Geldbeutel & Autoschlüssel wiederzufinden. )

    …spaltet auch und sorgt für Konflikte, eben weil sie irrational ist. Man kann nur schwer über den Kern von Religion diskutieren – es ist eben eine Glaubenssache.

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  7. Vielen Dank für die zahlreichen Kommentare 🙂 Nächste Woche stelle ich die Ergebnisse zusammen und ergänze, was ich ansonsten so an Definitionen gefunden habe!

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