LaTeX 2022

2007 habe ich meine Facharbeit mit MS Word geschrieben. Das war ein so grauenhaftes Erlebnis, dass ich danach für den Studienstart auf LaTeX umgestiegen bin. Bereut habe ich das nie. Und nachdem ich nun wieder studiere, habe ich mich nach zehn Jahren auch wieder auf die Suche nach einem passenden Workflow begeben. Wie immer dient dieser Artikel vor allem meiner eigenen Gedächtniserweiterung, falls ich das mal erneut einrichten muss. Aber ich hoffe, es hilft auch jemand anderem.

[Alle Artikel zum Thema Sabbatical finden sich hier.]

Installation

Was wir unter Windows brauchen:

Eine ganz gute Anleitung von latexbuch.de listet noch diverse weitere Pakete; ich gehe aber mal davon aus, dass man erstmal einfach aus einem TeX-File ein PDF backen will und sonst nichts. Daher reichen diese beiden Programm – wenn etwas fehlt, muss man das Entsprechende googlen und nachinstallieren. Und natürlich gibt es andere TeX-/LaTeX-Distributionen und Editoren, aber für den Anfang bleibe ich jetzt mal bei diesen beiden.

Testprojekt: Mythos-Musik-Artikel

Da ich noch keine Arbeiten schreibe, aber das System aufgesetzt haben will, wenn es soweit ist, war mein Testprojekt: Aus meinem Mythos-Musik-Artikel soll ein hübsches PDF werden. Die Voraussetzung ist also erstmal etwas anders als im Studium, denn ich will aus mehreren bestehenden HTML-Dateien eine TeX-Datei backen.

Außerdem verzichte ich auf den Aufwand, Fuß- oder Endnoten zu verwenden; da ich die meiste Literatur in eBook-Form gelesen habe, kann ich leider sowieso keine genauen Zitationsstellen angeben. (Etwas, was für Studienarbeiten natürlich anders werden muss.) Die Bibliographie wird auch einfach in der gleichen Form wie im Artikel eingebunden, also als Fließtext. Sobald ich Jabref/BibTeX einbinde und vielleicht sogar mit dem Zettelkasten verknüpfe, schreibe ich darüber etwas.

Pandoc: Konversion HTML zu TeX

Es gibt einen WP-to-LaTeX-Parser, allerdings habe ich den mit meinen installierten Python-Versionen nicht innerhalb von 5 Minuten dazu gebracht, ein vernünftiges Outputfile zu erzeugen. Daher ging der Weg über Pandoc. Ich habe schlicht den Inhalt des HTML-Editors in WordPress (Classic-Editor) in ein Textfile gepackt, als .html abgespeichert und Pandoc darüber laufen lassen:

pandoc --standalone .\01-erichzann.html --output .\01-test1.tex

Das Resultat ist bereits ganz solide, aber es fallen noch ein paar Problemchen auf: Die Sprache ist Englisch, was zu falscher Silbentrennung des mehrheitlich deutschen Textes führt; das Layout passt nicht; es fehlen diverse Elemente (Titlepage, TOC, …), und vor allem sind die Anführungszeichen alle, alle falsch. Also passen wir das Pandoc-Resultat nun an.

Damit wir die Kontrolle behalten, arbeiten wir aber nicht direkt damit, sondern fügen die einzelnen Abschnitte in unser Master-TeX-File in TeXMaker ein und kompilieren den Code immer on the fly. Damit fallen Fehler (Grafiken noch nicht einbindbar?) sofort auf und man spart sich stundenlanges herumdoktern in einem „fremden“ Pandoc-Code.

Ergo: Wir setzen erstmal unser Template zusammen!

Anführungszeichen automatisch richtig setzen

Ich glaube, ich kennen niemanden, der oder die als Anführungszeichen etwas anderes als Shift+2 nutzt, also Zoll-Zeichen. Das ist im Deutschen natürlich falsch. Ich weiß, dass das auch hier im Blog systematisch falsch ist, aber es stört mich nicht. Es hat mich noch nie gestört. Wenn man aber schon LaTeX benutzt, sollte man darauf vermutlicht achten. Allerdings sehe ich es auch weiterhin nicht ein, \glqq richtig\grqq{} auszuzeichnen. Das ist mir einfach zu viel Arbeit, und jede Moderne Textverarbeitung beherrscht die automatische Ersetzung. Also will ich diesen Komfort auch bei meinem Textsatzprogramm.

Was machen wir also? Wir binden entsprechende Pakete ein und konfigurieren sie:

\usepackage[german=quotes]{csquotes}
\MakeOuterQuote{"}
\MakeAutoQuote{„}{“}

Nachdem ich ausschließlich Fließtext ohne besondere Anforderungen produzieren werde, schätze ich, dass ich damit in nur wenige Probleme laufe. Ganz wichtig: Wenn jetzt irgendwo schließende Anführungszeichen fehlen, wirft das sofort massive Fehler, die zumindest TeXMaker nicht vernünftig lokalisiert.

Richtige Silbentrennung

Damit die Silben im deutschen korrekt getrennt werden, müssen wir ein Sprachpaket einbinden:

\usepackage[ngerman]{babel}

Die Resultate sind okay, aber nicht immer voll befriedigend. Hier muss ich nochmal etwas experimentieren und auch gucken, ob ich eventuell wegen der vielen englischsprachigen Passagen noch english einbinde. Das zerschoss mir aber dann die tiefergestellten öffnenden Anführungszeichen. Well, well.

Grafiken und Tabellen

Es ist nur eine Grafik enthalten, ein Screenshot der Bildersuche nach Brian Enos Notation von „Music for Airports“. Wir brauchen am Anfang das Paket „graphicx“ und binden das Bild dann später ein:

\begin{figure}[ht!]
\centering
\includegraphics[width=150mm]{eno_search.jpg}
\caption{Bildersuche nach der Notation für Enos "Music for Airports" \label{img_eno}}
\end{figure}

Die Tabelle mit den Geschichten am Ende des Artikelsgefällt mir schon fast, nur ist der Zeilenabstand noch etwas gering. Mit einem

\renewcommand*{\arraystretch}{1.25}

direkt vor der Tabelle aus dem Pandoc-Export lässt sich das beheben.

Gerade bei Tabellen kann man aber endlos lange herumspielen. Eine Doku für das Paket Longtable gibt es genauso wie einen ganz brauchbaren Table Generator. Solide Einführungen zu diversen Themenbereichen von LaTeX findet man bei Overleaf, so auch zu Tabellen.

Eine Formel

Im zweiten Teil, der Analyse von „Mud“, habe ich sogar eine Formel. Ein leichtes Spiel für LaTeX, schließlich ist Formelsatz ungefähr das, wofür TeX erfunden wurde. Ich musste aber natürlich in eine Referenz gucken, um meine Formel zu basteln (Inline Math Mode):

Es gibt inzwischen Stücke mit Takten wie
$1/\sqrt{\pi}/\sqrt{\frac{2}{3}}$
(No. 41a der `Study for Player Piano' von Conlon Nancarrow, ...)

Titlepage, Inhaltsverzeichnis und Co. backen

Wir wollen: Eine Titlepage mit Abstract auf Seite 1; ein Inhaltsverzeichnis auf Seiten 2 und folgenden; und dann eine neue Seite für jede „Section“. Die Variablen \author, \title, \date füllen wir in der Präambel nach Belieben und rufen Sie dann auf:

\begin{document}

\begin{titlepage}
\maketitle
\thispagestyle{empty}
\begin{abstract} ... \end{abstract}
\end{titlepage}

\setcounter{page}{2}

\tableofcontents
\newpage

[...]

\end{document}

Neue Seiten pro Section erzwingt

\AddToHook{cmd/section/before}{\clearpage}

Paragraphs als Sub-subsubsections

Außerdem müssen wir „paragraphs“ so setzen, dass sie sich eher wie subsubsubsections verhalten:

\usepackage{titlesec}
\setcounter{secnumdepth}{4}
\titleformat{\paragraph}
{\normalfont\normalsize\bfseries}{\theparagraph}{1em}{}
\titlespacing*{\paragraph}
{0pt}{3.25ex plus 1ex minus .2ex}{1.5ex plus .2ex}

(Quelle Stackexchange)

Zum Vergleich:

Overfull, Underfull und Kontrolllektüre

Unverzichtbar ist es, am Ende nochmal das ganze Dokument durchzugehen. Man muss kontrollieren

  • ob die „Overfull \hbox“-Warnungen im PDF zu Problemen führen,
  • ob interne Verweise korrekt gesetzt sind (was mich bei diesem Dokument nicht interessiert – ich belasse die aus Pandoc übernommenen),
  • ob einzelne Absätze viiiiiiiiieeeeeeeel zu lang geraten sind (ja!),
  • und ob alles so dargestellt wird, wie man sich das wünscht.

Danach hat man ein hübsches PDF. In meinem Fall sind es etwa 50 Seiten, was mich doch etwas überraschte: Der Artikel ist ganz schön lang geworden …

Shortcuts in TeXmaker

Sehr praktisch scheinen mir die folgenden Shortcuts:

  • Ctrl+Space: Von einer Quellcodestelle zur korrespondierenden Stelle im PDF springen
  • F1: Schnellkonvertierung
  • Ctrl+Shift+E: \emph{}
  • Ctrl+Shift+M: Inline Math Mode (den ich vermutlich nie wieder nutzen werde)

Das Resultat

Und hier ist das fertige PDF. Da mich der Upload-Prozess bei Researchgate interessierte, habe ich das auch einfach mal dort hochgeladen.

Ausblick: Bastelarbeit, Hurra!

Einfacher wäre es vermutlich gewesen, die Arbeit in LaTeX zu schreiben und dann als WP-Code zu exportieren – für längere Artikel werde ich das in der Zukunft vielleicht so handhaben. Bis ich Hausarbeiten im korrekten Layout schreiben kann, braucht es vermutlich noch ein bisschen Bastelei und eher Nciht-Standardklassen (Koma-Klasse scrarticl statt article etc.). Ganz gute Templates auch für deutsche Uni-Stylesheets finden sich übrigens bei der mehrfach erwähnten Quelle Overleaf, einem Web-Editor für Latex.

Insgesamt war ich überrascht, wie schnell ich nach 10 Jahren Pause wieder in das GeLaTeXe reinkomme. Die Frustrationen sind dieselben wie damals, aber das Ergebnis nach ein paar Versuchen auch genauso befriedigend.

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